Josip Novosel widmet die Bilderserie "The Good Boi" dem Mann mit Hund, genauer: dem homosexuellen Mann mit Hund, wie er ihm in Berlin begegnet. Die dargestellten Männer sind erfunden, es handelt sich also nicht um Freunde oder Bekannte, doch sie könnten genau so Schönebergs Straßen bevölkern. Was sind Mann und Hund füreinander, fragt sich der Künstler in seinen Bildern.
Es sind Männer, die für sich einen Hund als nichteheliches Gegenüber anschafften, mit ihm ihr Leben teilen. Hunde, sagt Novosel, seien die idealen Begleiter homosexueller Männer, die auf Ehe für alle oder für andere heteronormative Framings keine Lust verspüren, sondern lieber ein Leben ohne Beziehung, also engere Partnerschaft, führen.
Jedes Bild stellt die Zuneigung zwischen Mensch und Tier in einer geschlossenen Alltagsszene dar. Sein Augenmerk liegt auf dem Hund als Beziehungstier, als Begleiter und Spiegelwesen des Menschen. Die zentralen Protagonisten in Josip Novosels Malerei sind die bedingungslos liebenden Hunde: neben den Männern sitzend, gehorchend, hechelnd, rennend.
Novosel taucht diese kleinen Szenen in ein gesättigtes goldenes Licht - Orange- und Gelbtöne dominieren -, das aber auch harte, dunkle, unheimliche Schatten wirft.
Ein Mann döst in einem sattwarmen, sonnengelb durchfluteten Zimmer, einen kleinen grauen Hund auf dem Schoß. Ein anderer sitzt, seinen Hund streichelnd, gemütlich vor dem Kamin. Wie auf einem Sonnenstrahl liegend umarmt der nächste seinen Dalmatiner. Ruhe und Behaglichkeit, Fürsorge und Aufmerksamkeit werden großflächig und schnörkellos dargestellt.
In einer rasanten, fast cartoonhaften Ästhetik rennt der Jogger vor dem Tannenwald. Sein Hund dreht sich zu ihm um und scheint ihn anzufeuern. Josip Novosel spielt auch immer wieder mit Stereotypen der Männlichkeit: Sein Läufer hat Schnauzbart und markant haarige Beine!
Unten sehen wir einen Durchschnittsbürger im Trenchcoat mit seinem Hund vor dem vornehmen Hauseingang. Er scheint "Sitz" zu sagen und mit der Hand zu deuten. Die Mann-Hund-Beziehung kann auch immer eine mit Befehlsgewalt sein.
Josip Novosels Männertypen sind allesamt im nicht mehr jugendlichen Alter, eher zwischen 30 und 50, also erwachsene Menschen, die allmählich an Ruhe, Ordnung und Sesshaftwerdung denken, zu der auch Autos, schicke Altbauwohnungen und eben Hunde gehören.
Schwule wollen nicht schwul sein, sondern sie wollen so spießig sein und kitschig sein wie der Durchschnittsbürger. Sie sehnen sich nach einem trauten Heim, in dem sie mit einem ehrlichen und treuen Freund unauffällig ein eheähnliches Verhältnis eingehen können.(vgl. Rosa von Praunheim zit. n. Maurin Dietrich hier)
Wie Josip Novosel in einem Interview sagt, beschäftigt er sich in seiner künstlerischen Praxis oft mit Sehnsüchten, aber auch Angst. Kommt in "The Good Boi" die Sehnsucht nach dem trauten Heim, nach der "Unconditional Love", die Angst vor der Einsamkeit, vor dem Alter zum Ausdruck? (vgl. gallerytalk.net)
Ganz deutlich strahlt die Sehnsucht nach einem Zuhause aus seinen Bildern: der Hund, der mit ins Haus möchte, der Hund der von draußen ins Fenster schaut, Hund und Mann, die sich behaglich am Kamin ausstrecken.
Doch was wartet nach dem Rückzug ins Private? Was heißt es, älter zu werden und jenseits heteronormativer Familienmodelle zu leben? Ist der Hund unten der Verbündete im Kampf gegen die zerstörerische Kraft der Einsamkeit, an den sich der Mann fast verzweifelt klammert, während schon ein dunkler Schatten auf sein Gesicht fällt?
Die gleißenden Scheinwerfer des Cabrios verdecken beinahe Fahrer und Hund, die auf weitere Eindrücke während der Fahrt warten.
Bedingungslos ist die Liebe des freudig erwartungsvollen Mops', in dessen Augen sich die Silhouette seines zurückkehrenden Herrchens spiegelt.
Die Sehnsucht nach einer einfachen, einer bedingungslosen Liebe ist universell, trotzdem stellt Josip Novosel keine komplexen Beziehungen dar, keine WG, keine Familie mit Hund. Auch keine Hunde in Partnerschaften, die Liebesobjekte der sogenannten "Triangulierung" sind: Der Hund wird als drittes Element in die Interaktion zwischen zwei Individuen eingeführt wird, um Spannungen zu reduzieren oder Konflikte zu bewältigen. Man redet zu zweit über ein innig geherztes Haustierwesen, meint aber in allem sich und den beziehungsweise die anderen immer mit (vgl. taz)
Der Hund erfüllt bei Josip Novosel mehrere Aufgaben: "Mit ihm lässt sich als schwuler Mann ausdrücken, dass man Verantwortung übernehmen kann, trotzdem man keine Familie und Kind hat. Dass man ein sozial konformer Mensch ist, obwohl einsam." (zit. n. queer.de)
Unten sehen Sie eine Ausstellungsansicht in der Galerie Noah Klink, Berlin von 2023.
Josip Novosel (*1988 in Zagreb/Kroatien) studierte von 2009 bis 2014 an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Er lebt und arbeitet zwischen Tegernsee/D, Planina Gornja/HR.
Quellen: taz, monopol, Frieze, gallerytalk.net, Galerie Noah Klink
alle Bilder © Josip Novosel