September 2019

4. September 2019 - 7:30

Nachdem der Name Axel Krause in den letzten Monaten im deutschen Feuilleton sehr präsent war, wollte auch ich wissen, wer dieser Axel Krause ist und was es mit seiner Kunst auf sich hat. Erfreulicherweise habe ich ein Gemälde mit Hunden gefunden, das als Aufhänger dienen kann: "Die Puppe" von 2006.

 

Die Puppe, 2006 © Axel Krause

 

Ist dieses Bild konservativ, patriotisch, nationalistisch, rechts, rechtsextrem, "entartet"? (Krause bezeichnete sich selbst ironisch und jede Relation vergessend als "entarteten Künstler"). Natürlich nichts davon. Ist es gut oder schlecht - im künstlerischen Sinn?

"Die Puppe" wurde 2007 in der Ausstellung "Heimsuchung" der Galerie Kleindienst gezeigt. 2018 hat sich der Galerist nach langjähriger Zusammenarbeit von Krause getrennt, da der Künstler mit der AfD sympathisiert und der Galerist keine Trennung zwischen Künstler und Werk vornimmt.

2019 wurde Axel Krause aufgrund der künstlerischen Qualität seines Werkes (wie die Organisatoren beteuern) zunächst zur Leipziger Jahresausstellung eingeladen, um dann - nach Protesten wegen seiner AfD-Nähe (er ist Mitglied im Kuratorium der parteinahen Desiderius-Erasmus-Stiftung) und weil andere Künstler ihre Werke zurückzogen - wieder ausgeladen zu werden. Dazwischen stand die Option die ganze Schau abzusagen.

Für das Ausladen, Boykottieren und "Annullieren" eines Künstlers oder einer Künstlerin aufgrund von Äußerungen oder von politisch-moralischen Fehlverhaltes gibt es inzwischen den Begriff der "Cancel Culture". Auch das prominent im Feuilleton nachzulesen.

Ich neige dazu Werk und Künstler zu trennen, das Werk sollte nicht in Geiselhaft für den Künstler genommen werden (was hieße das in Bezug auf die Werke von Caravaggio, Balthus, der Futuristen etc.). Die Frage sollte meines Erachtens lauten, ist das Werk gut oder schlecht: der künstlerischen Qualität nach, nicht hinsichtlich der moralischen Beurteilung seines Schöpfers.

Wie sieht also Axel Krauses Werk aus:

Es ist auf den ersten Blick keinesfalls tagespolitisch und auch auf meinen zweiten Blick nicht politisch. Sein Werk ist rückwärtsgewandt insofern, als es sich vor allem auf die traditionelle Kunstgeschichte bezieht. Es scheint keinem politischen oder pädagogischen Auftrag zu folgen, sondern will - wie Krause angibt - Kommunikationsprozesse anregen. Selbstverständlich will es ausgestellt und verkauft werden.  (vgl. Interview mit Krause hier)

Axel Krauses Vorgehensweise ist die der Collage, er setzt die wesentlichen Teile seiner Gemälde aus verschiedenen Bildquellen zusammen:

 

(...) Die mir eigene Arbeitsweise, Bilder zu entwerfen um sie dann auf der Leinwand auszuführen, erinnert mich an den Ausspruch eines berühmten Kollegen: "Dies ist keine Pfeife". Die philosophische Dimension erschließt sich dem Betrachter rasch: Dies ist natürlich das Bild einer Pfeife. Ich male Bilder von Bildern. Genau genommen male ich Bilder von Bildern von Bildern, denn während der Arbeit an meinem Entwurf folge ich einem begrifflich nicht zu identifizierenden inneren Bild, dass (sic!) lediglich mit einer nebulösen, emotionalen Gemengelage zu beschreiben wäre (...) (Axel Krause zit. nach hier)

 

Krause bezieht sich in seinem Zitat auf seinen "berühmten Kollegen" Magritte. Und verschafft man sich bei der Google-Bildersuche einen Überblick über Krauses Werk, finden sich in seinen Bildern tatsächlich viele Anregungen durch die Surrealisten (nicht nur René Magritte, auch Max Ernst, Giorgio de Chirico werden verarbeitet). Aber ebenso finden sich Bildzitate von C. D. Friedrich (Wanderer über dem Nebelmeer), Edward Hopper, Balthus. Ich sehe auch viel Amerikanischen Realismus und Präzisionismus (z.B. bei der exakten Darstellung der Maschinenwelt und futuristischer, utopischer Architektur…), Neue Sachlichkeit, Leipziger Schule (er war unter anderem Schüler von Arno Rink).

Krauses Herangehensweise kann man positiv sehen als Collageprinzip, das neue Traumwelten schafft oder negativ als banalen Eklektizismus. Vermutlich sollte die Frage nach der künstlerischen Qualität bei jedem einzelnen Bild (und nicht dem Gesamtwerk) gestellt und beantwortet werden.

Er collagiert kunstgeschichtliche Versatzstücke, die leider oft bloß nebeneinanderstehen und in ihrer Komposition nichts darüber hinaus sagen, keine neue Bedeutung erschaffen oder Geschichte anstoßen. Figuration und Realismus bringen kein mehr an Erkenntnis. Seine guten Werke sind meines Erachtens jene, denen man nicht auf den ersten Blick ansieht, wo er ästhetisch gewildert hat, z.B. "Das Puppenhaus", das jetzt im Büro des kulturpolitischen Sprechers der FDP-Fraktion Hartmut Ebbing hängt, da es der Bundestag angekauft hat.

 

Das Puppenhaus, 2008 © Axel Krause

 

In einem Interview (Monopol 07/2019, S 92 ff) erklärt Ebbing, weshalb ihm das Bild gefällt: Es erinnert ihn an eine eigene Kreuzfahrt und deren Licht- und Luftstimmung, ebenso sieht er die Zerrissenheit der sitzenden Person. Axel Krauses Anliegen des Kommunikationsanstoßes ist hier auf das beste erfüllt. Nicht mehr und nicht weniger will und kann Krauses Kunst.

Axel Krause (*1958 in Halle) gehörte nie zu den bekannten Namen der Neuen Leipziger Schule (wie z.B. Neo Rauch oder Tim Eitel), die Debatte um sein Werk oder besser seine politische Gesinnung hat den Verkauf allerdings ordentlich angekurbelt.

alle Bilder © Axel Krause

 

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