Unter den großartigen Darstellungen von Hunden und ihren Menschen gibt es manchmal welche, die mich tief berühren und kraft ihrer Intensität schier fassungslos und sprachlos zurücklassen. Das Porträt eines Mannes mit Hund (um 1585-1587, Kapitolinische Museen in Rom) zählt für mich zu diesen Ausnahme-Werken. Es ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Porträts des kultivierten und exzentrischen Künstlers Bartolomeo Passerotti. Die Identität des dargestellten jungen Mannes ist nicht bekannt, aber es handelt sich vermutlich um ein Mitglied einer prominenten Familie in Bologna.
Aus einem sehr dunklen braunen Hintergrund hebt sich eine junge, männliche Figur mit einem strengen und prägnanten Gesicht und eleganter Kleidung sowie ein braun-weiß gefleckter Hund hervor. Das samtene Schwarz der ärmellosen Jacke und das matte Weiß des Kragens und der Ärmel korrespondieren mit der hellen Schnauze, den dunklen Ohren und dem hellen Fell des Hundes. Die Kleidung des Mannes ist detailreich dargestellt: von seiner geschlungenen Halskrause, den fein ziselierten Knöpfen bis zu den Stickereien auf seinem bauschigen Hemd. Doch auch der Hund steht in der detailreichen Gestaltung seinem Herrn in nichts nach: vom welligen, weichen Fell, den sich anklammernden Pfoten bis zu den Barthaaren und dem flehenden Blick ist alles akribisch widergegeben.
Mit außergewöhnlicher Sensibilität erzählt Passerotti die Geschichte einer intimen Beziehung. Das Bild ist unkonventionell in der klaren eindeutigen Darstellung der hingebungsvollen, bedingungslosen Liebe und der gegenseitigen Zuneigung, es zeigt aber auch eine Poesie des Schmerzes: Ist die Liebe möglich, ohne den Geist des anderen zu erkennen?
Sein innovatives Porträt ist inszeniert, es zeigt uns die Protagonisten nicht still und gefühllos, sondern in Bewegung und belebt. Der junge Mann hält den gefleckten Hund ganz fest, während er sich dem Betrachter mit einem nachdenklich fragenden Blick zuwendet. Wurde er plötzlich angesprochen? Wurde ein "Gespräch" zwischen Mensch und Hund unhöflich unterbrochen?
Der Hund ist als ein Sprechender dargestellt, der ganz eindringlich seine Zuneigung bekundet. Ich fühle förmlich sein übermächtiges Bedürfnis nach Verbindung zu seinem Menschen, einer Spezies, deren Gedanken und Gefühle ihm weitgehend unbekannt sind. Ist diese Kluft überbrückbar?
Es ist offensichtlich, dass Passerotti eine Vorliebe für Hunde hatte. Viele Frauen und Männer stellte er mit Hunden und Welpen dar. Trotzdem habe ich mich dafür entschieden, nur dieses eine elegante, aristokratische, singuläre Gemälde zu zeigen.
Bartolomeo Passarotti (*1529 in Bologna/Italien, gest.1592 in Rom) war ein italienischer Maler aus der Zeit der Spätrenaissance. Er lebte und arbeitete fast ausschließlich in seiner Heimatstadt Bologna, nur für kurze Zeit studierte er in Rom, wo er seinen Stil weiter verfeinerte. Als beliebter Porträtist, Zeichner und Kupferstecher führte Passarotti eine florierende Werkstatt und war bei den Reichen und Berühmten Italiens sehr gefragt.
Heute ist er für seine groteske, komische und karikaturistische Genremalerei - Szenen aus dem Alltagsleben, z. B. auf Märkten, im häuslichen Bereich und bei Festen - berühmt. Für seinen Zeitgenossen jedoch war er ein gefragter Porträtist, er erhielt sogar den Auftrag, Papst Gregor XIII zu porträtieren.
Passarotti wird als der bedeutendste Porträtist Bolognas gegen Ende des 16. Jahrhunderts angesehen, der in seinen Werken sowohl Qualität mit Originalität als auch eine reizvolle farbige Darstellung mit einer sehr lebendigen Charakterisierungskunst verbindet. Er war ein Anhänger der venezianischen Schule, die im Gegensatz zum florentinischen Manierismus die Farben betont. In seinen Porträts deuten sich bereits die Merkmale eines künstlerischen Neubeginns, einer neuen Gesamtauffassung des Porträts an, die dennoch den in der Kunst der Renaissance entwickelten Traditionen treu bleibt.
Neben Porträts und Genrebildern arbeitete er auch zu religiösen Themen, die in bedeutenden Kirchen Bolognas zu sehen sind und schon auf die Kunst des Barocks hinweisen. Darüber hinaus übte einen großen Einfluss auf viele einheimische Künstler aus, die in den folgenden Jahren die Barockbewegung in Italien belebten.