Februar 2025

11. Februar 2025 - 11:27

Der dritte Schwarze Künstler fast in Folge, den ich Ihnen vorstellen will, ist Amokao Boafo. Er ist mit Abstand der bekannteste. Ihm kommt das gesteigerte internationale Interesse an afrikanischer Kunst im Zuge von Repräsentationsdiskursen und Neuaufstellungen in Museen und Großkunstausstellungen entgegen.

Blauschwarze Haut oder asymmetrische Augen waren die Alleinstellungsmerkmale von Annan Affotey und Sesse Elangwe. Amokao Boafos Arbeiten kann man ab etwa 2017 auf Grund seiner Fingermaltechnik wiedererkennen, mit der er die Gesichter und Körper seiner Figuren modelliert und die zu einer unverwechselbaren Textur führt.

Amoako Boafo gilt als eine der wichtigsten Vertreter einer neuen Generation Schwarzer Kunstschaffender. Er thematisiert in seinen Arbeiten das gegenwärtige Bild von Schwarzem Selbstverständnis und Selbstwahrnehmung, indem er ausschließlich Personen der Black Community darstellt.

 

Black Skin White Mask, 2016 © Amoako Boafo

 

Er ist wohl auch derjenige, der auf der Klaviatur von Postkolonialismus, Identität und Queerness am erfolgreichsten spielt, seit er sich an der Wiener Kunstakademie, an der er ab 2014 studierte, auf seine Identität besann und sich intensiv mit schwarzer Literatur und Theorie befasste. Er winkt diesbezüglich nicht nur mit dem Zaunpfahl, sondern weist mit der Brechstange darauf hin. Im Selbstporträt "Black Skin, White Masks" (2016) hält er das gleichnamige Werk des Schwarzen Philosophen und Psychiaters Frantz Fanon in Händen, in dem dieser eine scharfe Kritik an Rassismus und kolonialer Unterdrückung übt. Gleichzeitig zeigt er sich im Moment des Innehaltens, der Reflexion und der Kontemplation sowie der Verletzlichkeit - alles Ausdrucksformen, die traditionelle Lesarten von Schwarzer Männlichkeit in Frage stellen.

Die mit den Fingern aufgetragenen Farbspuren sind damals noch flacher und weniger lustvoll verschlungen.

An seinem kometenhaften Aufstieg kann man sehr gut das Funktionieren des Kunstmarkts nachvollziehen. Dazu ausführliche Beiträge von Amira Ben Saoud und Michael Wurmitzer im Standard.

 

Red Collar, 2021 © Amoako Boafo, Foto Paul Salveson

 

Zwei lächelnde schwarze Frauen, Freunde des Künstlers, blicken auf einen kleinen Hund, der von der Frau auf der linken Seite gehalten wird. Beim ersten Blick auf Amoako Boafos Porträt "Red Collar" aus dem Jahr 2021 wird der Betrachter unweigerlich von dem auffälligen bunten Kleid angezogen, das die Mitte des Bildes dominiert, trotzdem hat das Kunstwerk seinen Titel von dem kleinen roten Halsband des Hundes.

Boafo wollte das Kleid ursprünglich mit einem komplizierten Muster verzieren, das er mit seiner Papiertransfertechnik auf die Leinwand übertragen wollte. Da er aber Gesso - eine dünne, weiße Farbe - aufgetragen hatte, um eine glatte Oberfläche zu erhalten, war der Papiertransfer unmöglich. Deshalb entschied er sich für die malerische Gestaltung der Streifen. Die Fingermalerei ist der Haut und den Haaren seiner Figuren vorbehalten.

Der Hintergrund der Figuren ist in einem ähnlichen rosafarbenen Weiß wie der Bauch des Hundes. Unten befindet sich ein brauner Streifen, der vielleicht auf den Boden hinweist.

 

Hudson Burke and Benedita Furacao, 2018 © Amoako Boafo

 

Kennzeichnend für seinen malerischen Stil ist der starke Kontrast von flächigen und ornamentalen Bildelementen und der plastischen Darstellung der Körperteile der porträtierten Personen, die er mittels des Einsatzes von Fingermalerei statt eines Pinsels realisiert.

Im Bildaufbau, oft streng frontal ausgerichtet, sucht der Porträtierte den direkten Blickkontakt zum Betrachter und begegnet diesem als selbstbewusstes Individuum einer schwarzen Kultur. Boafos Arbeiten stellen einen direkten Bezug - jenseits von Klischees und Zuschreibungen - zur vielschichtigen Lebensrealität her. Die Zuneigung zum Terrier wird bestimmt und feinsinnig dargestellt.

 

Red And Green Apple Blanket, 2022 © Amoako Boafo

 

Ob mit gestreiftem Kleid, kariertem Sakko oder rosa Hemd: Die Porträtierten sind lässig, schön, stark. Und farblich in starken Kontrasten ausgeführt: leuchtend bunte oder weiße Bildgründe, darauf kräftig gemusterte Kleider, in denen aus einer vibrierenden Unzahl brauner Farbnuancen geknetet scheinende Gesichter, Arme, Beine stecken. Boafo inszeniert hier den Hintergrund collagenartig mit ornamentalen Details, die mittels eines Transferverfahrens auf die Leinwand übertragen werden.

Er ist in der Lage, kritische Feinheiten und nuancierte Emotionen auf eine Art und Weise einzufangen, die den Betrachter ergreift und fesselt, doch die Zärtlichkeit, mit der er seine Porträtierten wiedergibt, ist die auffälligste Eigenschaft seiner Arbeit. Wie Boafo es ausdrückt, geht es ihm in erster Linie um "die Darstellung, das Dokumentieren, das Zelebrieren und das Aufzeigen neuer Wege, sich dem Schwarzsein zu nähern". (vgl. hier)

Amoako Boafo (*1984 in Accra/Ghana) studierte ab 2007 am Ghanatta College of Art and Design in Accra und ab 2014 an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er seinen Master of Fine Arts machte. Er wurde 2017 mit dem Preis der Jury des Walter Koschatzky Kunstpreises und 2019 mit dem STRABAG Artaward International ausgezeichnet. Die Österreichische Galerie Belvedere widmete ihm im Herbst 2024 eine umfassende Ausstellung. Der Künstler lebt und arbeitet in Accra und Wien.

Quellen: Galerie Mariane Ibrahim, Gallery1957, SAM Stories, Dazed, Denver Art Museum, Belvedere

alle Bilder © Amoako Boafo

 

Malerei