Carolina, Salfinger

7. Oktober 2020 - 16:29

aus der Serie

 

Hat der kleine Chihuahua etwas gehört oder gerochen, das ihn in der Nacht aufstehen ließ, um in die Dunkelheit zu sehen? Fest steht er da und mutig blickt er ins Ungewisse.

 

aus der Serie Nachts kommen die Füchse, Öl auf Leinwand, 30 x 20 cm, 2018 © C

 

Vielleicht hat er sich weiter vorgewagt, bis zum Vorhang, die Ohren auf Empfang gestellt. Große Augen machen auch die seltsamen Köpfe der grotesken Wandmalerei, die das Interieur aus dem Gewöhnlichen, Vertrauten herausheben, es mit Rätselhaftigkeit erfüllen. Sieht er vielleicht auf die blaue Couch, auf der sein Mensch liegt? Setzt er sich wachend, bewachend und beobachtend dazu?

(…) Wie ein Schatten wandert er durch den Bildraum, wandelt ganz selbstverständlich durch private Räume. Ein kleiner Schoßhund und doch scheint der Betrachter nie so ganz zu wissen, was er im Schilde führt,

schreibt die Künstlerin über den kleinen Hund.

 

aus der Serie

 

Hier hat er sich zusammengerollt, die Augen fragend offen. Findet er keinen Schlaf in der blauen Stunde? Ist er unruhig, überkommt ihn gar die Melancholie ob seiner Grundeinsamkeit? Weder Pfotenbett noch Knochendecke können ihm Geborgenheit geben, Unbeschwertheit und Spiel gehören wie der angeschnittene Fußball der Sphäre des Tages an.

 

aus der Serie Nachts kommen die Füchse, Öl auf Leinwand, 30 x 20 cm, 2018 © C

 

Ich zeige Ihnen nur die Bilder mit Hund, die in Caroline Salfingers Serie "Nachts kommen die Füchse" immer wieder als Motiv auftauchen. Ich habe zu den Bildern eine kleine Geschichte assoziiert. Mit ihrer Serie, die einer Erzählung des niederländischen Autors Cees Nooteboom entlehnt ist, zeigt die Künstlerin allerdings eine bildnerische Narration, die eine Welt erschafft, in der sich Episoden, Ereignisse und Beobachtungen lose aneinanderreihen.

Damit der durch die Nacht des Bewusstseins irrende Geist nicht den Füchsen anheimfällt, passt der Hund in seiner mythologischen Rolle als Grenzgänger und Wächter auf. Er vermittelt zwischen den Welten und führt einen durch die Dunkelheit, sodass man sich nicht in ihr verliert und den eigenen Füchsen ausliefert. Dennoch wird sich nur derjenige, der seinen Hund gut behandelt, auch seine animalischen Bedürfnisse respektiert und ihn nicht mit brutaler Härte zu formen versucht, auf ihn verlassen können.

Lesen Sie hier Caroline Salfingers vollständigen Text zu "Nachts kommen die Füchse".

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aus der Serie Nachts kommen die Füchse, Öl auf Leinwand, 120 x 80 cm, 2018 ©

 

In "Follow me" verflicht die Künstlerin die Thematiken des Kontrollverlusts, der Bewusstseinserweiterung, der ins Unterbewusstsein verdrängten wüsten, animalischen Seite der menschlichen Psyche und des Todes mit Elementen der mesoamerikanischen Mythologie. Sie bezieht sich dabei auf die Arbeit "Untilled" des niederländischen Künstlers Pierre Huyghe, die er 2012 bei der dOCUMENTA (13) gezeigt hat.

Huyghe installierte in der Kasseler Karlsaue eine Anordnung pflanzlicher, mineralischer, tierischer und menschlicher Elemente. Inmitten einer üppigen Flora aus psychoaktiven Pflanzen stapelten sich auf dem schlammigen Boden Betonplatten und andere Baustoffe. Auch eine Betonskulptur fand sich auf dem von zwei Hunden durchstreiften Gelände.

Vielleicht können sie sich an Fotos des weißen Podencos mit dem rechten rosa Vorderbein erinnern, wahrscheinlich eines der meist fotografierten Motive dieser dOCUMENTA.

 

Follow me, Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm, 2017

 

Durch den Konsum psychoaktiver Pflanzen wie der Salbeiart Salvia Divinorum oder dem Peyote-Kaktus glaubten die Azteken mit der Götterwelt in Verbindung treten zu können und auf der langen Reise durch die Unterwelt wurde man ihrer Vorstellung nach von einem Hund geführt. (…) Erst mit einem Hund an seiner Seite kam man in der Unterwelt weiter – nur wer dem Instinktiven vertraut, sich vom Animalischen leiten lässt, gelangt in die unteren Schichten des Bewusstseins. Dem Hund zu folgen und damit die Kontrolle abzugeben, hieße sich auf Verdrängtes einzulassen und nur wer sich diesem stellt, kann zur Ruhe kommen. (Caroline Salfinger hier)

 

In Salfingers Paraphrase wird aus dem Podenco ein Chihuahua. Das gefällt mir ganz besonders gut, dass dieser kleine unterschätzte Hund, der aber alle Wesensmerkmale seiner großen Artgenossen hat, zum Führer durch die Unterwelt wird. Wir müssen ihm nur folgen und vertrauen, wir müssen uns ihm nur anvertrauen, wenn wir sein Terrain betreten.

Auch zu diesem Werk können Sie das vollständige Konzept hier nachlesen.

 

© Caroline Salfinger

 

Caroline Salfinger (*1991 in Grieskirchen/Österreich) studierte zwischen 2010 und 2018 Bildende Kunst, Malerei und Grafik sowie Angewandte Kultur- und Kunstwissenschaften an der Kunstuniversität Linz. Sie lebt und arbeitet in Oberösterreich.

alle Bilder © Caroline Salfinger

 

Malerei, Zeichnung