September 2018

25. September 2018 - 11:10

Zwischen 1961 und 1981 fotografiert die britische Künstlerin Shirley Baker den Alltag der englischen Arbeiterklasse in den innerstädtischen Vierteln von Manchester und Salford. Ihr Blick ist nicht sentimental, sondern zeigt viel Zuneigung, Wärme und Leidenschaft für ihre menschlichen (und tierischen) Motive. Sie sieht es als ihre Pflicht an, jene Menschen zu repräsentieren, für die sich damals niemand interessierte; die gesellschaftlich Abgehängten, die versuchten an dem Leben festzuhalten, das sie kannten, obwohl sich ganze Stadteile nach dem 2. Weltkrieg änderten. Und sie sieht es als ihre Pflicht an, diese Stadtviertel zu dokumentieren, bevor diese im Zuge der Slum-Clearence-Projekte verschwinden, ohne eine Spur zu hinterlassen.

 

The Street photographs © Shirley Baker

 

The Street photographs © Shirley Baker

 

“My sympathies lay with the people who were forced to exist miserably, often for months on end, sometimes years, whilst demolition went on all around them.” (Shirley Baker, on the slum clearances of inner Manchester and Salford)

 

Shirley Baker zeigt sowohl menschliche Interaktion und Kommunikation als auch die Beziehung der Menschen zu ihren Hunden. Sie spielt dabei formal und inhaltlich mit Gegensätzen (bezüglich Größe, Alter), aber auch mit Analogien zwischen den Menschen und ihren tierischen Begleitern. Mit viel Humor zeigt sie uns kleine Dramen des britischen Alltags, erzählt sie Geschichten der, wie man heute sagen würde, menschlichen Resilienz.

 

People and Dogs © Shirley Baker, 1963

People and Dogs © Shirley Baker, 1960

People and Dogs © Shirley Baker, 1977

People and Dogs © Shirley Baker

People and Dogs © Shirley Baker

People and Dogs © Shirley Baker, 1966

People and Dogs © Shirley Baker

People and Dogs © Shirley Baker

People and Dogs © Shirley Baker

 

Ab 1965 wendet sie sich auch der Farbfotografie zu. Hier ein gleichzeitig melancholisch und humorvolles Beispiel für wartende Hunde im Auto. Müssen Sie da nicht auch gleich an Martin Usborne denken, der dieses Sujet in "Mute: The Silence of dogs in Cars“ aufgegriffen hat?

 

People and Dogs © Shirley Baker

 

Shirley Baker (*1932/Kersal, North Salford, gest. 2014) war eine der faszinierendsten DokumentarfotografInnen mit sozialem Anliegen Großbritanniens. Obwohl ihr wegweisendes Werk sowohl in ihrer Heimat als auch international ausgestellt wurde, gibt es noch viele Werkgruppen zu entdecken. Für uns besonders interessant natürlich ihr Blick auf die Hunde-Ausstellungen, die sie ab den 1960er Jahren fotografisch begleitet.

Eine Auswahl der entstandenen Fotos, ein hinreißendes Porträt des Phänomens “Dog Show“, erscheint Ende Oktober 2018 als Buch im Verlag Hoxton Mini Press. Unten sehen sie Beispiele dieser zärtlichen, amüsanten und manchmal obsessiven Beziehung zwischen Menschen und ihren Hunden.

 

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

Partnerlook!

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

Auch die Hundenerven liegen blank und müssen beruhigt werden!

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

 

Shirley Baker: "Dog Show 1961-1978", ISBN: 978-1-910566-40-4

 

Shirley Baker, Dog Show 1961-1978

 

Auf der Website Shirley Baker photographer finden sie weitere Arbeiten der Künstlerin, z.B. ihre Fotografien von den Stränden in Südfrankreich und Blackpool, sowie der Punks im Londoner Stadtteil Camden. Weiters ihren Werdegang, Neuigkeiten zu Ausstellungen und Publikationen uvm.
 

alle Fotos © Shirley Baker

 

Buch, Fotografie
18. September 2018 - 11:00

Aline Bouvy, Strategy of non cooperation 1, 2015 © Aline Bouvy und Albert Baroni

 

Aline Bouvy lässt sich in ihrer künstlerischen Arbeit von den Dingen in ihrer unmittelbaren Umgebung und ihrem Alltag inspirieren. Bei der 2016 in Brüssel gezeigten Ausstellung "Urine Mate" bildeten wilde Gräser, streunende Hunde und nackte Männer die Motive.

 

Aline Bouvy, Urine Mate 2, 2016 © Aline Bouvy und Albert Baronian Galerie, Brüss

 

In dieser Ausstellung kombinierte Aline Bouvy große Linolplatten und Fotos von blassen, verschwommenen männlichen Körpern, die hinter einem Schleier wilder, rauer und widerstandsfähiger Pflanzen verborgen waren. Jedes Foto zeigte eine andere Pflanzenart, die die Künstlerin aus den Brüsseler Stadtbrachen ausgewählt hatte.

 

Aline Bouvy, Urine Mate, Ausstellungsansicht © Aline Bouvy und Albert Baronian G

 

Unter und neben den Linoleumpaneelen kauerten die Hundereliefs. In den großen Galerieräumen wirkten die Tiere klein, einsam und verloren. Die Reliefs zeigten schlafende und kopulierende Hunde und eine vom Stillen ausgemergelte Hündin mit schmalem Kopf. Ein Hund mit geschlossenen Augen schien ganz traurig zu sein: Wie Tränen oder Regentropfen war ihm eine lineare Struktur ins Gesicht geschrieben. Analog zu den unkultivierten Pflanzen der Stadtränder liegt die Assoziation zu streunenden Hunden nahe, die der städtische Kontext hervorbringt.

Folgt man dem Pressetext auf der Homepage der Galerie Albert Baronian, dann geht Aline Bouvy Fragen nach gesellschaftlichen Normen, Werten, Moral und ästhetischer Akzeptanz nach. Sie hinterfragt sowohl unsere Normen als auch die Bilder, die von diesen Normen bestimmt sind und versucht die "schmutzigen" und "hässlichen" Elemente in ihren kreativen Prozess zu integrieren, um sich von jeder Kategorisierung zu befreien.

Das Hässliche und Schmutzige wird in der Ausstellung durch Urin, Hunde und Pflanzen repräsentiert. Sie sind die störenden, unerwünschten Elemente der Gesellschaft, das Nutzlose, der Müll. Menschliche Ausscheidung, Hunde wie Müll ausgesetzt und weggeworfen, Pflanzen, als Unkraut wertloser Bewuchs.

 

Aline Bouvy, Urine Mate, Ausstellungsansicht © Aline Bouvy und Albert Baronian G

 

Die Künstlerin zeigt uns aber die Schönheit dieser Pflanzen und die Emotionalität der Hunde. Mit zarter Farbigkeit und einer strengen Ästhetik hinterfragt sie etablierte Hierarchien von Macht und patriarchalen Systemen, ändert sie unsere Sicht auf das, was sauber oder schmutzig ist, auch die Sicht auf unsere eigenen Abfälle, wie zum Beispiel Urin.

Der Titel der Ausstellung "Urine Mate" bezieht sich auf eine Form des männlichen Alltagslebens. Aline Bouvy eignet sich diesen Begriff nicht nur an, sie spielt auch mit dem ähnlichen Klang von “Urine Mate” und “Urine Made”. Zwei Fotografien in der Ausstellung zeigen abstrakte Gipsskulpturen aus der Werkstatt der Künstlerin. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann sind die beiden Skulpturen aus Gips und dem Urin der Künstlerin hergestellt. Das Spiel mit Worten und deren unterschiedlicher Bedeutung zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk der mehrsprachig aufgewachsenen Künstlerin.

Aline Bouvy, Urine Mate 5, 2016 © Aline Bouvy und Albert Baronian Galerie, Brüss

Aline Bouvy, Urine Mate, Ausstellungsansicht © Aline Bouvy und Albert Baronian G

Aline Bouvy, Strategy of non cooperation 2, 2015 © Aline Bouvy und Albert Baroni

Aline Bouvy, Strategy of non cooperation 7, 2015 © Aline Bouvy und Albert Baroni

Aline Bouvy, Strategy of non cooperation 3, 2015 © Aline Bouvy und Albert Baroni

Aline Bouvy, Strategy of non cooperation 4, 2015 © Aline Bouvy und Albert Baroni

Aline Bouvy, Urine Mate 8 (collaboration with Alexandre Demenditte), 2015 © Alin

 

Aline Bouvy (*1974 in Brüssel/B) lebt und arbeitet in Luxemburg und Brüssel. Nach Jahren der Zusammenarbeit mit John Gillis arbeitet sie ab 2014 alleine. Ihre Arbeit wurde bereits in vielen Einzel- und Gruppenausstellungen in Europa und den USA gezeigt.

Aline Bouvy wird von den Galerien Albert Baronian, Brüssel, und Nosbaum Reding, Luxemburg, vertreten.

alle Fotos © Aline Bouvy und Galerie Albert Baronian

 

Fotografie, Installation, Skulptur