Brown, Deborah

30. Januar 2025 - 10:26

Self Portrait with Zeus 2, 2020 © Deborah Brown

 

Drei blauviolette Farbtupfen, eine flüchtige Umrisslinie und fertig ist der Kopf von Zeus, dem kleinen Jack Russell Terrier von Deborah Brown. Auch nur grob mit dem Pinsel skizziert sie Gesicht und Hände bei ihrem Selbstporträt. Und trotzdem sehen wir in zwei lebendige Gesichter, die verunsichert und verloren wirken.

 

Self Portrait with Zeus and Canoe Painting, 2020 © Deborah Brown

 

Im März 2020, als New York von der Pandemie und dem Lockdown heimgesucht worden war und alles zum Stillstand kam, malte Deborah Brown diese kleinen Bilder von sich und Zeus in ihren Armen: aufrichtige Porträts ohne Raffinesse oder Manierismen, die die tiefe Isolation und Angst widerspiegeln, die die Menschen empfanden.

Diese Porträts standen am Beginn einer intensiven Auseinandersetzung mit Verlust und Einsamkeit, aus der viele Selbstbildnisse mit Zeus, Stillleben und Interieurs hervorgingen. Es war für Deborah Brown ein perfekter Zeitpunkt, um sich nach innen zu wenden und Selbstporträts zu malen. Nach den Porträts erweiterte sie den Blickwinkel auf die Gegenstände und Möbel in ihrer Umgebung.

Es entstanden die "Bathtub"-Bilder, fröhliche Doppelporträts von der Künstlerin und ihrem inzwischen verstorbenen Terrier, der sie gerne beim Baden begleitete.

Sie liegt in einer Klauenfußwanne, umgeben von üppigen grünen Pflanzen. Zeus stellt sich auf seine Hinterpfoten, hält sich am Badewannenrand an und blickt zu uns.

 

Bathtub Self Portrait with Zeus, 2020 © Deborah Brown

 

Oder er steht neben der Wanne oder liegt auf dem Teppich davor. Letzteres basiert auf Jacques-Louis Davids "Der Tod des Marat", in dem Marat nach seiner Ermordung durch Charlotte Corday in seinem Bad abgebildet ist. Allen vier Bildern gemeinsam ist die liebevolle zugewandte Beziehung der beiden.

 

Night Bathtub, 2020 © Deborah Brown

Bathtub Self Portrait with Zeus 1, 2020 © Deborah Brown

Bathtub Self Portrait, 2022 © Deborah Brown

 

Die Interieurs haben, bedingt durch die gesammelten persönlichen Schätze, einen altmodischen Charakter. Die Möbel und Gegenstände befinden sich schon lange im Familienbesitz. Der Pfauen-Paravent begleitet die Künstlerin seit ihrer Kindheit, er ist Teil ihrer visuellen Geschichte, ein Gegenstand, der ihren Geschmack geprägt hat. Erinnerung, Zeit, Kunstgeschichte und persönliche Erzählung treffen in ihren intimen Darstellungen des häuslichen Alltags aufeinander.

Die vielen Dinge, die die Interieurs ausmachen, enthüllen das Leben der Künstlerin, erlauben uns einen Zugang zu ihren Gedanken und Gefühlen. Brown sagt in einem Interview: “We surround ourselves with things that reflect us”.

Die durch die Gemälde geschaffene Umgebung ist sowohl persönlich als auch universell, da sie den Betrachter daran erinnert, dass auch er während der Pandemie in seiner inneren und äußeren Welt allein ist.

 

Peacock Screen, 2020 © Deborah Brown

 

Sie verwandelt die alltäglichen Momente ihres Lebens zu Hause in Reflexionen über häusliche Räume, Weiblichkeit und Dekoration, dabei betrachtet sie die Malerei eher als eine Art Psychoanalyse, denn als Fetischisierung ihrer Umgebung.

 

"By delving into the particulars of my environment, I hope to uncover truths that relate to the experiences of others. Domestic subject matter is a means to this end." (zit. n. Two Coats of Paint)

"Indem ich mich mit den Besonderheiten meiner Umgebung auseinandersetze, hoffe ich, Wahrheiten aufzudecken, die sich auf die Erfahrungen anderer beziehen. Die häusliche Materie ist ein Mittel zu diesem Zweck." (übersetzt mit DeepL)

 

Melancholia, 2020 © Deborah Brown

 

In ihren Gemälden harmonieren Spontaneität und Kontrolle. Im Laufe der Jahrzehnte hat sie die intellektuelle Kontrolle absichtlich zugunsten der Intuition verringert. Die Gemälde wurden auch immer größer, trotzdem arbeitet sie nach wie vor nach der Vorstellung, nie nach Fotos. Ihr Glaube an das Medium Malerei als Mittel zur Artikulation ihrer Gefühle und Ideen ist ungebrochen.

Deborah Browns Arbeit steht im Dialog mit der dekorativen französischen Malerei des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wie Raoul Dufy, Henri Matisse und Pierre Bonnard. Von Winslow Homer sind ihre Gemälde mit den Kanus inspiriert.

Unter Tags und in der Nacht rudert die Künstlerin über das ruhige Gewässer oder bewältigt Stromschnellen. Immer mit dabei Zeus, der uns den Rücken kehrt oder anblickt. Unser Blick ist der eines Eindringlings, der die Zweisamkeit stört.

 

Night Rower IV, 2020 © Deborah Brown

Death Maiden 1, 2019 © Deborah Brown

Rapids, 2020 © Deborah Brown

 

Deborah Browns suggestive erzählerische Szenen entfalten sich oft vor üppigen grünblauen, sonnengetränkten und lichtdurchfluteten Außenansichten.

 

Home Alone, 2020 © Deboreh Brown

 

Unten sehen Sie Statuen antiker Götter und Göttinnen (Poseidon, Alpheus, Demeter), die durch die Wirkung der Farbe und der lockeren Pinselführung lebendig werden.

 

Poseidon, 2022 © Deborah Brown

Alpheus, 2022 © Deborah Brown

Demeter, 2022 © Deborah Brown

 

Die Serie "Quiet City" - ein Teil der fortlaufenden "Shadow"-Serie - fängt die täglichen Spaziergänge der Künstlerin mit ihrem Hund Trout durch das Industriegebiet East Williamsburg in Brooklyn ein, wo sich ihr Atelier befindet. In Österreich durften die Hundehalter trotz Lockdowns mit ihren Lieblingen spazieren gehen. Vermutlich war es in New York nicht anders, denn wir bekommen einen Eindruck davon, wie Brooklyn aussah, als es noch abgeriegelt war und Einschränkungen herrschten. Die menschenleere Gegend erzeugt ein eigenartiges Gefühl der Abwesenheit: Unsere Flaneure könnten auch die letzten Bewohner auf der Erde sein. Trotzdem entsteht ein Gefühl von Wärme und Hoffnung, da die Welt intakt und alles in goldenes Licht getaucht ist.

 

Roberta's, 2021 © Deborah Brown

Loading Dock, 2021 © Deborah Brown

 

Der Mensch, der die Leine hält, ist nur durch seinen Schatten zu sehen. Der Hund ist entweder gemalt oder ebenfalls als Schatten dargestellt. Die Schatten erstrecken sich weit in die Ferne, erzeugen seltsame Verzerrungen und eindrucksvolle Muster und deuten die Zeitspanne kurz nach dem Sonnenaufgang oder kurz vor dem Sonnenuntergang an.

Ich habe das bewegende Selbstporträt mit Zeus, das ich an den Anfang des Blogs gestellt habe, als frei von Manierismen beschrieben. Das fiel mir vor allem im Gegensatz zu den Schattenbildern ein, die - wenn auch realistisch - durch die langen Schatten und Komplementärkontraste etwas Künstliches bekommen.

 

Wires, 2021 © Deborah Brown

 

Auf jedem Bild sind alle Strukturen und Merkmale zu sehen, die für den städtischen Raum typisch sind: Straßenschilder, Telefonmasten, Ampeln, Zäune, Gitter. Dazu gesellen sich Graffiti, die die einstöckigen Lagerhäuser bedecken.

 

Quite City, 2021 © Deborah Brown

Cement Truck Tracks, 2021 © Deborah Brown

 

Deborah Brown hat unzählige Schattenbilder gemalt, die Auswahl fiel mir sehr schwer. Mein Lieblingsbild ist das untere "Friend or Foe". In dem Winterbild spürt man die Kälte, noch bevor man Trouts Atem sieht. Die lebhaften Pinselstriche auf den Lastwägen und Lagerhäusern flackern während der "Goldenen Stunde" und verleihen der Komposition eine dynamische Energie.

 

Friend or Foe, 2021 © Deborah Brown

 

Deborah Brown (*1955 in Kalifornien/USA) lebt und arbeitet seit 1982 in Brooklyn, New York. Sie erwarb einen BA an der Yale University und einen MFA an der Indiana University und unterrichtete an verschiedenen Universitäten. Ihre Werke befinden sich weltweit in Museen und Privatsammlungen.

 

Deborah Brown mit Hund

 

Quellen: Galerie Gavlak, Creative Boom, Galerie Anna Zorina, Two Coats of Paint

alle Bilder © Deborah Brown

 

 

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