Tübke, Werner

18. April 2012 - 8:05

Ich blättere manchmal in meinen Kunstbüchern und -katalogen ziellos vor mich hin. So auch ein paar Tage nachdem ich den Beitrag über Albrecht Tübke geschrieben hatte. Im Ausstellungskatalog "Made in Leipzig" stieß ich auf ein Bild Werner Tübkes - Albrecht Tübkes Vater! Und auf diesem "Bildnis des Viehzuchtbrigadiers" von 1962 waren Hunde zu sehen! Bei der Google-Bildersuche fand ich ein weiteres Bild Tübkes mit identischen Hunden: Der Maler begann mich zu interessieren.

Den ÖsterreicherInnen der 60er Jahre und auch danach waren KünstlerInnen der DDR natürlich nicht geläufig. In Wien lebte man sozusagen am Rande der westlichen Welt - 60 km östlich begann der "Eiserne Vorhang". Wenn man schon Interesse am Ostblock entwickelte, dann eher an Ungarn, der damaligen Tschechoslowakei und dem damaligen Yugoslawien. Ich möchte also gar nicht so tun, als hätte ich zu DDR-MalerInnen irgendetwas zu sagen. Allerdings habe ich einen interessanten Text von Gunter Reski über Werner Tübke gefunden - ergänzt durch meinen Katalogtext ergibt es ein erstes Bild.

 

Werner Tübke, Selbstbildnis in Samarkand
Werner Tübke, Selbstbildnis in Samarkand, 1962, Foto © VG Bild-Kunst-Bonn 2009

Werner Tübke, Bildnis des VIehzuchtbrigadiers Bodlenkow (Westkaukasus), 1962
Werner Tübke, Bildnis des Viehzuchtbrigadiers Bodlenkow (Westkaukasus), 1962;
Scan aus Katalog "Made in Leipzig" anlässlich der Ausstellung in der Sammlng Essl 2006

 

Silistisch bedeutsam war 1961/62 Werner Tübkes Reise in die Sowjetunion, nach Westkaukasien. Dort fertigte er 150 sehr detaillierte Zeichnungen und Aquarelle als Vorlagen für seine Malerei an. Diese Studien schienen ihm dazu besser geeignet zu sein als die Fotografie. Das "Selbstbildnis in Samarkand" ist das erste Bild nach seiner Rückkehr. Beim "Bildnis des Viehzüchters" steigert er in der Darstellung noch die Bedeutung des Menschen. Breughelsche Typisierung, altdeutsche Formenstrenge und renaissancistische Gestaltungsprinzipien (Pferd!) kommen zum Tragen: Die Menschendarstellung ist mit einer Landschaftsdarstellung gepaart, die an die Donauschule des 16.Jahrhunderts anknüpft. (vgl. Dietulf Sander, in: Made in Leipzig, Edition Sammlung Essl, S146f). Das für mich Bemerkesnwerte ist die völlige Wiederholung der Hunde! An dieser Wiederholung erkennt man sehr gut, wie er Tübke seine Bilder collageartig zusammensetzt. Nebenbei zitiert er sich sozusagen selbst.

Tübke hat also mannigfaltige Darstellungsweisen vergangener Epochen in seine Bilder eingebracht. Gunter Reski bemerkt in seinem aufschlussreichen Text, dass allen DDR-Staatsmalern ein rückgewandter stilistischer Sonderweg gemein war, um dem Realismusdiktat zu entkommen. Tübke bezeichnet er sogar als ersten postmodernen Maler - natürlich ohne dass dieser das Wort jemals gehört hätte. Und er wundert sich, dass "Tübke mit seinem ausschließlich rückwärtsgewandten Bild- und Stilrepertoire in der DDR immer noch als linientreu und staatsdienlich durchging".

zitiert nach: Gunter Reski "DDR-Postmoderne als Einzelschicksal" in: Texte zur Kunst (20.09.2009) und Dietluf Sander in: "Made in Leipzig", Edition Sammlung Essl,, S 146f,  ISBN 3-902001-29-1

 

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