Fotografie

25. März 2015 - 9:55

2006, als er 18 Jahre alt ist, stirbt die Mutter von Jiehao Su. Er nimmt dies zum Anlass mehrere Jahre durch die Städte und ländlichen Gegenden Ost- und Südchinas zu reisen. Er sucht bedeutungsvolle Orte seiner Kindheit und Vergangenheit auf und beginnt zu fotografieren. Dabei spürt er den Fragen von Familie, Heimat, Identität und Existenz nach.

Seinen künstlerischen Niederschlag findet die sehr persönliche und in Sus Geschichte verwurzelte Suche ab 2012 im Projekt "Borderland". Dieses autobiografische Porträt seiner Heimat ist ihm zärtliches Andenken und Trost. Erleben und Erinnern, Realität und Imagination, Einsamkeit und Zugehörigkeit treffen in den Fotos aufeinander, die immer auch von der Suche nach Schönheit und Anmut in der Alltäglichkeit erzählen.

 

Borderland © Jiehao Su

 

Anlass für diesen Blogbeitrag ist das obere Foto mit den zwei Schäferhunden, das ich Ihnen unbedingt zeigen wollte. Die Deutschen Schäferhunde mit ihren zusammengeklebten Ohren schauen für mich in der Leere der chinesischen Landschaft seltsam exotisch aus. Corrie Siegel, die Kuratorin einer Ausstellung in Los Angeles, hat darauf hingewiesen, dass Su oft Paare fotografiert: Lesen könnte man das als Sehnsucht nach Zweisamkeit oder als Kommentar auf die Ein-Kind-Politik Chinas (vgl. auch hier). Auch die Hunde treten als Paar auf. Wenn man schon nicht zwei Kinder haben soll, dann wenigstens zwei Hunde.

Seine großen Farbfotografien porträtieren China als eine Nation, die im Wandel begriffen ist. Dieser Wandel umfasst die Landschaft und deren rasante Verstädterung und das tägliche Leben der Bevölkerung, die davon betroffen ist. Der graue Himmel - Smog - verbindet seine Aufnahmen des ruralen und urbanen Chinas.

 

Borderland © Jiehao Su

Borderland © Jiehao Su

 

Obwohl ich für Sie nur die Aufnahmen mit Tieren ausgesucht habe, wird bereits an diesen wenigen Beispielen seine Genauigkeit in der Farbwahl deutlich. In ihrer Gedämpftheit werden melancholische, ernste und intime Stimmungen befördert, treten poetische Qualitäten hervor. Von Jiehao Sus narrativer Qualität können Sie sich überzeugen, wenn Sie die gesamte Serie auf seiner Homepage ansehen!

Jiehao Su (geb.1988 in Guangdong, China) studierte Fotografie an der Pekinger Filmakademie, er lebt in Peking.

alle Fotos © Jiehao Su

 

Fotografie
20. März 2015 - 17:12

Überinszeniert sind diese Fotos nicht! Das war mein erster Gedanke als ich die Aufnahmen des Hundes Rudi auf der Homepage von Herrn Penschuck sah. Vielmehr zeugen sie für mich von einer liebevollen Unangestrengtheit. Rudi wurde hier beim Aufspüren bislang unentdeckter Kunstwerke namhafter Künstler und Künstlerinnen fotografiert!

 

beuys ohne hut © herr penschuck
beuys ohne hut © herr penschuck

walter de maria »vertikaler erdkilometer« © herr penschuck
walter de maria »vertikaler erdkilometer« © herr penschuck

 

Mein Eindruck hat mich nicht getäuscht:

Die Exkursionen mit dem Mischlingsrüden Rudi gehen von einer strikten Einhaltung des Grundgebots aus: Du sollst nicht inszenieren. Alle gezeigten Arbeiten wurden unverändert so vorgefunden und für die analytische Auswertung dokumentiert. Dabei begegnen uns bisher ungesehene Arbeiten von Malewitsch, Joseph Beuys, Martin Kippenberger und anderen Protagonisten moderner menschlicher Kunstproduktion. Da Hunden bisher die Inklusion in Museen weitestge­hend versagt geblieben ist, werden hier mutig neue Wege beschritten, die uns allen zu geistiger Wertschöpfung verhelfen können. (nachzulesen hier)

Dokumentation und analytische Auswertung werden nun im Mannheimer Uhland Atelier zum ersten Mal der interessierten Öffentlichkeit präsentiert - und zwar im Rahmen der Ausstellung "Kunst für Hunde. Herr Penschuck: Sichtung, Deutung und Dokumentation nichtmusealer Kunstgeschichte mit und von Caniden".

Ich kann Ihnen anhand einiger Beispiele zeigen, welche neuen Einsichten, Erkenntnisse, Entdeckungen möglich sind, wenn Sie sich der Führung eines Hundes anvertrauen. Analyse (kursiv) von Rudi D.Wurlitzer und Herrn Penschuck.

 

ai wei wei »fairy tale« © herr penschuck
ai wei wei »fairy tale« © herr penschuck

  

die nach deutschland derzeit zur documenta geladenen gäste aus china haben ihre geschichte erzählt, die 1001 antiken stühle aus der ming-dynastie wurden über den kunstmarkt in alle winde zerstreut. hunde sind natürlich experten, wenn es zur sondierung von fälschungen kommt. die unbeachteten gesässpolster weisen geruchlich auf fälscher in der gegend von gelsenkirchen hin.

 

anselm kiefer »mein herz ist asphalt, shulamith« © herr penschuck
anselm kiefer »mein herz ist asphalt, shulamith« © herr penschuck

  

ungesehen der künstler – macht er sich doch meist öffentlich sehr rar. einem immer mehr auf ästhetik ausserhalb der musenhalden trainierter sucher und canide lässt sich da aber nicht leimen. erst recht, wenn der geistermeister zwischen unser aller häuser seine urdeutschen fragen in den bitumen zieht. sozusagen der absolute ober-kiefer.

 

man ray »moving sculpture« © herr penschuck
man ray »moving sculpture« © herr penschuck

  

bemerkenswert – die kleinformatige fotografie von wäsche im licht- und schattenspiel ist zwar eine der substanziell stärksten surrealistischen arbeiten, wird aber wohl neben jenem rückenakt mit diesen aufgezeichneten violinen-schalllöchern weitgehend unterschätzt bleiben. hier wird sie jeden sommer zum nachstellen aus den depots geholt. hunde lieben allein schon den duft!

 

ed kienholz »roxy's« © herr penschuck
ed kienholz »roxy's« © herr penschuck

  

der eine oder andere kennt ja die anrüchig muffende bordell-installation in der bremer weserburg. ab und zu wird sie sogar abgebaut und verliehen. wie jetzt kürzlich – wir fanden sie an der weser in einem seglerheim. bloss die puffmutter »madam«, »miss cherry delight« –die schönheit vom lande – und die gefühlskalte »fifi« mit dem wecker im bauch waren gerade nicht da. der leicht ungelüftete geruch kommt gut an – da darf hund hund sein.

 

kasimir malewitsch »schwarzes quadrat« © herr penschuck
kasimir malewitsch »schwarzes quadrat« © herr penschuck

 

der erste analoge pixel des letzten jahrhunderts sozusagen – selbst umgeben von völlig heterogenen materialien zieht er instinktiv an. Die revolutionäre qualität der russischen avantgarde wird für hunde auch durch den schändlichen ausrutscher mit der hündin im weltraum namens laika nicht geschmälert.

Neben ausgewählten Arbeiten der 2014 entstandenen Serie (Polaroids als Direktdruck hinter Acryl) wird eine Videoinstallation gezeigt. Zur Eröffnung findet eine Lesung mit angemessener musikalischer Begleitung durch den 2ten Freund statt.

Der Hund "Coffee" hat übrigens die Aufbauarbeiten der von Volker Hartmann-Langenfelder kuratierten Ausstellung überwacht. Alles ist bereit für die Vernissage am 21. März! Die Arbeiten sind bis 4. April, jeweils Donnerstag bis Samstag von 18 - 21 Uhr, zu sehen.

 

 

KfH 1 © Fabian Wippert / Uhland Atelier
Die Ausstellung wird aufgebaut. Hund "Coffee" ist auch bereit.
Foto: Fabian Wippert / Uhland Atelier

KfH 2 © Fabian Wippert / Uhland Atelier
Hund "Coffee" hat sich von der ordnungsgemäßen Hängung der dreizehn Exponate
überzeugt und ist zufrieden! Foto: Fabian Wippert / Uhland Atelier

 

Menschen, die nicht nur kunstsinnige sondern auch rücksichtsvolle Partner für Ihre Hunde sind, kommen zur Eröffnung alleine oder nehmen sie an einem ruhigeren Tag mit. Dann gibt es auch kein Gedränge beim Beschnüffeln von Malewitschs Quadrat, das als Bodeninstallation im Original vorliegen wird.

Wer nicht zur Ausstellung kommen kann, ist aufgefordert die "Kunst für Hunde" auf Herrn Penschucks Homepage zu besichtigen. Ein großer Spaß ist es auch, einen Vergleich mit den bereits bekannten Werken von Ai Wei Wei, Ed Kienholz etc. anzustellen. Die Bildtitel helfen bei der Suche.

Auch abseits der "Kunst für Hunde" ist die Homepage von Herrn Penschuck eine Offenbarung. So hat er beispielsweise das fast vergessene Saiten- und Zupfinstrument des Eierschneiders für das erste internationale Eierschneider Orchester wiederentdeckt. Weiters rekonstruierte er 2010 erstmalig den echten Klang von Edvard Munchs "Der Schrei" und arrangierte die dabei entstandene Partitur aus dem Notenbestand neu.

Herr Penschuck, geb. 1966 in Melbourne, hat Linguistik und Kunst studiert. Er lebt seitdem in Oldenburg als freier und angewandter Grafiker, Fotograf und Konzeptkünstler.

Abschließend eine kleine Improvisation als Gruß von Hedy (Lamarr) an Rudi - auch sie eine rumänische Seele mit der Gabe des fremden Blicks.

 

Yayoi Kusama »Dots Obsession« © Petra Hartl
Yayoi Kusama »Dots Obsession« © Petra Hartl

 

"Kunst für Hunde", Uhland Atelier, Uhlandstraße 26a, 68167 Mannheim
Vernissage: Sa 21. März 2015, 18 Uhr
Ausstellung: 21. März - 4. April 2015, Do - Sa 18 - 21 Uhr

alle Arbeiten der Serie "Kunst für Hunde" © Herr Penschuck

 

Ausstellung, Fotografie
13. März 2015 - 9:44

Harold Eugene "Doc" Edgerton (geb. 1903 in Fremont, Nebraska, USA; gest. 1990 in Cambridge, Massachusetts) war ein amerikanischer Elektroingenieur, Erfinder des elektrischen Stroboskops und Pionier der Hochgeschwindigkeitsfotografie. Bekannt wurde er vor allem durch spektakuläre Aufnahmen von Flüssigkeitstropfen, abgefeuerten Projektilen und sportlichen Bewegungsabläufen, aber auch von Jackie, einem kleinen Terrier, der mit dem Schwanz wedelt oder über eine Bank springt.

 

Harold Edgerton, Jackie Wags His Tail, 1948
Harold Edgerton, Jackie Wags His Tail, 1948, Foto von Sikkema Jenkins & Co

 

Das Stroboskop kann mit Hilfe von kurzen Blitzlichtern Bewegungen aufnehmen, die für das menschliche Auge unsichtbar sind, da sie zu schnell ablaufen. Harold Edgerton wendet diese Technik an, um alltägliche Phänomene zu beobachten und zu dokumentieren: die Flügel eines Kolibri im Flug, einen Golfschlag, das Plätschern eines Milchtropfens. In der wissenschaftlichen Beobachtung verwurzelt, produziert er in seiner kraftvollen visuellen Ästhetik einzigartige und bahnbrechende Aufnahmen, die an der Schnittstelle von Wissenschaft, Technik und Kunst liegen. Er selbst sah sich allerdings nie als Künstler, sondern als Wissenschaftler.

 

Harold Edgerton, Dog Jackie Jumps a Chair, 1948
Harold Edgerton, Dog Jackie Jumps a Chair, 1948; Foto von MIT Museum Collections

Harold Edgerton, Jackie Jumps, 1948
Harold Edgerton, Jackie Jumps, 1948; Foto von MIT Museum Collections

Harold Edgerton, Jackie jumpes the bench, 1938
Harold Edgerton, Jackie jumpes the bench, 1938;
Foto von Blog Stuttgarter Zeitung

In diesem Blogbeitrag wurde übrigens aus Jackie dem Hund eine Katze. Eine Katze! Nun, das Stroboskop macht nicht nur die Einzelschritte eines Bewegungsablaufs sichtbar, es verschleiert auch das Ganze.

 

Harold Edgerton, Jackie Jumps a Bench, 1938 © 2015 Estate of Harold Edgerton
Harold Edgerton, Jackie Jumps a Bench, 1938 © 2015 Estate of Harold Edgerton;
Foto von MoMA

 

Edgertons Interesse für die Fotografie, das er schon als Jugendlicher entwickelte, geht auf seinen Onkel, den Fotografen Ralph Edgerton, zurück. Mit dem Bachelor in Elektrotechnik (1925) beginnt Harolds wissenschaftliche Karriere. Er promovierte 1931 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und lehrte dort nach seiner Habilitation als Professor. Bis zu seinem Tod 1990 blieb er Mitglied der Fakultät.

Sowohl als Fotograf als auch als Wissenschaftler erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. 1940 gewann er den Oscar für seinen High-Speed-Kurzfilm "Quicker'n a Wink". Seine Fotografien werden international ausgestellt und befinden sich weltweit in renommierten Sammlungen. Erst kürzlich fand in der New Yorker Galerie Sikkema Jenkins & Co. eine Ausstellung seiner Werke statt, auf ihrer Homepage wurde ich erstmals auf diesen Künstler und Wissenschaftler aufmerksam.

Zum Abschluss ein Foto ohne Stroboskop: Für einen Hund ist immer Platz, sogar in der kleinsten Koje!

 

Harold Edgerton, Soldier laying on bunk holding a dog, 1944
Harold Edgerton, Soldier laying on bunk holding a dog, 1944;
Foto von MIT Museum Collections

 

Ich bemühe mich immer um Genauigkeit bei den Bildtiteln und habe bei dem wedelnden und springenden Jackie auch die Bildquellen als Link angegeben. Trotzdem vermute ich, dass in den Jahresangaben (1938 bzw. 1948) ein Irrtum passiert ist: kaum anzunehmen, dass Jackie hier im Abstand von zehn Jahren springt. Obwohl - einem Terrier kann man wohl alles zutrauen...

 

Fotografie
2. März 2015 - 20:57

Wenn Sie sich für künstlerische Hundefotografie interessieren, sind Sie sicher schon auf diese Aufnahmen von Tim Flach gestoßen:
 

Flying Mop © Tim Flach

Sleeping Mop © Tim Flach

 

Tim Flach gehört zweifellos zu den bekanntesten Tierfotografen. Seine Hundeserie ("Dog Gods") wurde im Internet unzählige Male verbreitet, weshalb ich bis jetzt darauf verzichtet habe, sie Ihnen auch hier vorzustellen.

 

Milky Way © Tim Flach

Puppies © Tim Flach

Gene - HAS2 © Tim Flach

Penny working the bracken © Tim Flach

Topiary © Tim Flach

 

Doch kürzlich hat mich eine Leserin - Frau Bettina Reiter - auf andere Tierfotografien von Tim Flach aufmerksam gemacht, die sie in der New York Times entdeckt hat. Neben den Kaniden beschäftigt sich Tim Flach thematisch mit dem Pferd ("Equus") und in der Serie "More Than Human" mit einer Vielzahl anderer Arten. Seit über zwanzig Jahren ist Bettina in Bonobos verliebt, kein Wunder, dass das küssende Paar nebst den Fledermäusen zu ihren Lieblingsbildern gehört. Die "Compassion Bats" gehören auch zu meinen Favoriten, sehen ihre Köpfe nicht wie die von Hunden aus?

 

Kiss © Tim Flach

Jambo © Tim Flach

 

Den Titel "More Than Human" hat Tim Flach gewählt, weil er sein Interesse für menschliche und nicht-menschliche Tiere widerspiegelt. Ist der Mensch wirklich einzigartig und steht über den nicht-menschlichen Tieren? Es fällt schwer dies zu glauben, wenn man sich Fotos wie "Kiss" oder "Jambo" ansieht!

Tim Flach spürt in seinen Fotografien den Fragen nach Anthropomorphismus und und Anthropozentrismus nach: Welche menschlichen Eigenschaften sprechen wir Tieren bezüglich ihres Verhaltens und ihrer Gestalt zu? Steht der Mensch im Mittelpunkt der weltlichen Realität? Wie sehen wir Menschen die Tiere, welche Bedeutung geben wir Ihnen? Wieso weisen wir der Taube (dove) einerseits symbolische Bedeutung zu, während wir sie andererseits als fliegende Ratte (pigeon) abwerten?

Gibt es einen schöneren Anlass über diese Fragen zu debattieren als Tim Flachs ausdrucksstarke Fotografien?
 

Compassion Bats © Tim Flach

 

Tim Flach hat eine sehr übersichtliche benutzerfreundliche Homepage, auf der er auch viele Fragen hinsichtlich seiner Kamera, seinen Bildtiteln, seiner Motivation Tiere zu fotografieren usw. beantwortet. Sie finden dort auch einen Überblick über die vier Bücher, die er bis jetzt veröffentlicht hat (Evolution, More Than Human, Dogs Gods und Equus).

Er ist ein Honorary Fellow der Royal Photographic Society und seit 2013 Ehrendoktor an der Kunstuniversität von Norwich. Er lebt und arbeitet in London.

alle Fotos © Tim Flach

 

LeserInnen empfehlen, Fotografie
6. August 2014 - 16:30

Eine Freundin hat mir dieses Bild zukommen lassen. Ich will es Ihnen nicht vorenthalten:

 

Buster Keaton geht mit seinem Hund spazieren
Buster Keaton geht mit seinem Hund spazieren! Foto via Gartenbaukino

 

Fotografie
20. Juni 2014 - 15:40

We are dogs! © Jaka Babnik

 

Am 14. und 15. Juni 2014 fand das 2. ViennaPhotoBookFestival statt, auf dem ich unter der Unmenge von Fotobüchern, die sich nicht mit Hunden beschäftigen, diesen kleinen Fotoband des slowenischen Fotografen Jaka Bablik erstanden habe. Die Freude war groß! Emotional bewegende Fotografien, die ein trauriges Kapitel menschlichen Missbrauchs von Hunden zum Thema haben: "Kampfhunde" und Hundekämpfe.

Dargestellte Orte und Personen werden absichtlich geheim gehalten, zumal sie als irrelevant erscheinen, da der Fotograf unsere Aufmerksamkeit auf den Zustand der Menschheit lenken möchte. In diesem Sinn sind die Porträts von Hunden auch Porträts von Menschen, darüber wer sie sind und sein möchten. Soweit aus dem Text von Katja Praznik, der dem Photo-Essay vorangestellt ist.

Obwohl ich den Text mit einer befreundeten Englisch-Lehrerin mehrmals gelesen habe, wurden wir beide daraus nicht recht schlau. Er scheint den Blick auf die Bilder eher zu verstellen als zu erhellen.

Kurz zusammengefasst möchte der Photo-Essay "We are dogs!" eine gesellschaftlich akzeptierte Form des Kampfes entmystifizieren und mit Hilfe der Fotos die Hundekämpfe demaskieren. Die Aufnahmen sollen Fragen danach evozieren, was menschlich ist und was die Ursprünge und Zwecke der Kämpfe sind. Der elliptische Charakter der Geschichte, in dem das Verhältnis zwischen Mensch und Hund mehr im Fokus steht als der Mensch selbst, offenbart den Hundekampf als Feld, in dem der Mensch die Gewalt und das Kämpfen für sich beansprucht, um Macht auszuüben. Machtausübung durch Demütigung und Ausbeutung von Tieren ist nicht nur die letzte Konsequenz der menschlichen Destruktivität, sie zwingt uns auch zu überdenken, was wir meinen, wenn wir von der Menschheit sprechen. Es scheint, dass der Kampf um eine menschenzentrierte allmächtige Position dem Menschen eigen ist.

Lesen Sie hier den mit Bedeutung überfrachteten Text oder noch besser: Lassen Sie einfach die Aufnahmen auf sich wirken.

 

We are dogs! © Jaka Babnik

We are dogs! © Jaka Babnik

We are dogs! © Jaka Babnik

We are dogs! © Jaka Babnik

We are dogs! © Jaka Babnik

We are dogs! © Jaka Babnik

We are dogs! © Jaka Babnik

We are dogs! © Jaka Babnik

We are dogs! © Jaka Babnik

We are dogs! © Jaka Babnik

 

Der Fotoband ist 2012 bei Rostfrei Publishing erschienen.

 

Buchcover

 

alle Fotos © Jaka Babnik

 

Buch, Fotografie
2. Mai 2014 - 16:30

Seit drei Wochen verbringe ich wieder jeden Freitagnachmittag in meinem Schauraum und nütze die Zeit zum Blogschreiben. Während ich darüber nachdenke, ob ich zum Hund mit rosa Bein von Pierre Huyghe etwas zu sagen habe und wenn ja, was, fällt mein Blick auf ein wunderbares Buch, das schon seit Monaten auf meinem Schreibtisch liegt und seit Jahren in meinem Besitz ist: Hanna Schimeks "Ohrenzeugen" von 2009. Ich blättere es durch und weiß sofort: Darüber will ich jetzt viel lieber schreiben.

 

 

Buchcover Hanna Schimek, Ohrenzeugen

 

 

Es ist ein kleines, feines Fotobuch, das ich allen ans Herz legen möchte, die Hunde lieben, also Ihnen. Hanna Schimek "versammelt bildhafte Darstellungen von Hunden aus unterschiedlichen Epochen der Kunstgeschichte und stellt sie eigenen Aufnahmen aus dem Bereich der analogen Alltagsfotografie in assoziativer Weise gegenüber", heißt es im lapidar Klappentext. Doch diese prosaische Beschreibung wird dem Buch nur unzureichend gerecht.

 

Hanna Schimek zeigt anonyme Alltagsfotografien von Hund und Herr, wie sie poetischer nicht sein könnten. Die verblassten Fotografien von "Familienhunden" der 30er bis 90er Jahre fand sie bei Freundinnen und Freunden und im digitalen Archiv Orthochrome. Daneben zeigt sie eigene Fotografien. Während eines Londonaufenthalts fotografierte sie Obdachlose mit ihren Hunden, in Athen verbrachte sie viele Stunden mit streunenden Hunden, fotografierte sie bei ihren Versuchen dem Großstadtchaos Widerstand zu leisten. Ergänzt werden die einzelnen Bilder durch human interest stories, die Hanna Schimek im Stil von Zeitungsmeldungen schrieb.

 

Die vielen Hunde, die die Geschichte der Malerei bevölkern, bilden den Ausgangspunkt und werden mit formal oder inhaltlich ähnlichen Fotografien kombiniert. So stellt die Künstlerin z.B. Kaiser Karl V. mit Hund von Tizian Bildern von Punks und deren Hunden gegenüber, die sie in Wien fotografiert hat.

 

 

Beispielseite aus Hanna Schimek, Ohrenzeugen © FOTOHOF

 

Edward Hoppers "Abend in Cape Cod" wird mit Fotos von Hausbesitzern und ihren Hunden kombiniert.

 

Beispielseite aus Hanna Schimek, Ohrenzeugen © FOTOHOF

Beispielseite aus Hanna Schimek, Ohrenzeugen © FOTOHOF

Beispielseite aus Hanna Schimek, Ohrenzeugen © FOTOHOF

Beispielseite aus Hanna Schimek, Ohrenzeugen © FOTOHOF

Beispielseiten aus Hanna Schimek, Ohrenzeugen © FOTOHOF

 

Der untere Schnappschuss passt doch perfekt zu Gerhard Richters "Frau mit Hund am See", ganz unten eine "Interpretation" von Pierre Bonnards "Das rot karierte Tischtuch / Hundefrühstück" von 1910.

 

Beispielseite aus Hanna Schimek, Ohrenzeugen

Beispielseite aus Hanna Schimek, Ohrenzeugen

 

Hanna Schimek lebt in Wien. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen auf der Konzeption und Realisation interdisziplinärer Kunstprojekte, Recherchen für Film und visuelle Medien, Filmkuratorenschaft, Kunst im soziokulturellen Kontext, Photographie, Künstlerbücher, Baukunst und Environment-Projekte. Sie ist Mitglied der Künstlergruppe "Der Blaue Kompressor – Floating & Stomping Company". Gemeinsam mit Gustav Deutsch, mit dem sie seit 1985 zusammenarbeitet, ist sie Gründerin und künstlerische Leiterin von "LIGHT | IMAGE – The Aegina Academy", einem Forum für Kunst und Wissenschaft auf der griechischen Insel Aegina.

Weitere Abbildungen aus dem Buch finden Sie auf der Homepage der Künstlerin.

 

Buch, Fotografie
14. April 2014 - 8:20

"Bittersweet" im wahrsten Sinne sind die Fotografien von Michel Vanden Eeckhoudt, die im gleichnamigen Fotobuch versammelt sind.

Den belgischen Fotografen interessieren gegensätzlichen Gefühle, die in einem Foto aufeinandertreffen wie z.B. Schönheit und Schmerz, Tragik und Humor. Seine Bilder sind von Zärtlichkeit und Demut geprägt und offen für unterschiedliche Interpretationen und Assoziationen. Michel Vanden Eeckhoudt empfindet die Schwarzweiß-Fotografie poetischer und weniger determiniert als die Farbfotografie, die er näher an der Wirklichkeit angesiedelt sieht.

 

 

India 2008 © Michel Vanden Eeckhoudt, Kehrer Verlag

Turkey 2011 © Michel Vanden Eeckhoudt, Kehrer Verlag

Belgium 2008 © Michel Vanden Eeckhoudt, Kehrer Verlag

Belgium 2008 © Michel Vanden Eeckhoudt, Kehrer Verlag

Belgium 2011 © Michel Vanden Eeckhoudt, Kehrer Verlag

Cover Bittersweet

 

Michel Vanden Eeckhoudt: "Bittersweet", Kehrer Verlag, Text von Jean-Christophe Bailly, Festeinband, 20 x 28 cm, 102 Seiten, 46 S/W-Abb., Englisch, ISBN 978-3-86828-407-2  |  © Michel Vanden Eeckhoudt/Kehrer Verlag

Hier noch ein paar frühere Arbeiten des 1947 in Brüssel geborenen Fotografen.

 

Madère 1994 © Michel Vanden Eeckhoudt

© Michel Vanden Eeckhoudt

Naked Dog, Belgium 1993 © Michel Vanden Eeckhoudt

Mauritius 1991 © Michel Vanden Eeckhoudt

© Michel Vanden Eeckhoudt

France 1994 © Michel Vanden Eeckhoudt

France 1996 © Michel Vanden Eeckhoudt

 

Michel Vanden Eeckhoudt fotografiert nicht nur Haustiere und ihre Beziehung zum Menschen, er fotografierte auch Tiere in deutschen, französischen und ägyptischen Zoos. Er beschäftigte sich mit der Jagd in der Schweiz, hat Operationen an Pferden beobachtet, Veterinäruniversitäten besucht. Für eine Zeitung nahm er Affen auf, die für Tierversuche aufgezogen wurden.

 

Er ist Mitglied der Vu Agentur seit ihrer Gründung 1986. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen Einzelausstellungen gezeigt.

 

alle Bilder © Michel Vanden Eeckhoudt

 

Buch, Fotografie
17. Februar 2014 - 9:45

Die Fotografin Corinne Rozotte zeigt in ihrer Arbeit verschiedene Arten von Beziehungen zwischen Mensch und Tier: Gefangenschaft der Tiere unter dem Vorwand des Schutzes und Mitgefühls; deren kontrollierte oder tolerierte Freiheit in städtischen Gebieten; das Tier als Attraktion bei öffentlichen Aufführungen oder bei Tierkämpfen; das Tier als Begleiter des Menschen; sein Leben in der Welt der industrialisierten Landwirtschaft und Viehzucht.

Meist ist das Verhältnis des Menschen zum Tier von Macht und Unterdrückung bestimmt. Als "passeur-photographe" will uns Corinne Rozotte daran erinnern, dass Tiere auch empfindungsfähige Wesen sind.

Es gelingt ihr nicht nur inhaltlich unser Augenmerk auf das Leid der Tiere zu lenken, auch mit formalen Mittel macht sie deren Empfindungsfähigkeit deutlich. Ihre "melancholischen" Kühe erscheinen so leicht und transparent, als wären sie nicht massige Materie, sondern reine Seele.

Der Thematik meines Blogs entsprechend wähle ich nur Aufnahmen ihrer Serien mit Hunden aus. Die ersten Beispiele sind aus der Serie "Dogs Road Movie", die Straßenhunde in Thailand zeigt. Auf ihrer Homepage sehen Sie, wie Corinne Rozotte die Hundeaufnahmen durch Aufnahmen architektonischer Elemente und Detailaufnahmen einer Stadtlandschaft zu atmosphärischer Dichte ergänzt.

 

Dogs Road Movie © Corinne Rozotte

Dogs Road Movie © Corinne Rozotte

Dogs Road Movie © Corinne Rozotte

Dogs Road Movie © Corinne Rozotte

Dogs Road Movie © Corinne Rozotte

Dogs Road Movie © Corinne Rozotte

Dogs Road Movie © Corinne Rozotte

Dogs Road Movie © Corinne Rozotte

 

Noch Mitte der 1980er Jahre wurden in Bukarest unter Nicolae Ceausescu auf mehreren hundert Hektar Bewohner aus ihren innerstädtischen Häusern abgesiedelt, um Platz für das palastartige Parlament zu schaffen. In neue Plattenbauten umgesiedelt, ließen sie tausende Hunde auf den Straßen zurück, die sie in die neuen Wohnungen nicht mitnehmen durften. In der Serie "Je suis le Chien errant sur la Terre #1" kombiniert Rozotte Ansichten von Bukarest mit den Aufnahmen von Straßenhunden. Erst in der Gesamtschau kommt die Poesie der Serie vollends zur Geltung.

 

Je suis le Chien errant sur la Terre #1 © Corinne Rozotte

Je suis le Chien errant sur la Terre #1 © Corinne Rozotte

Je suis le Chien errant sur la Terre #1 © Corinne Rozotte

 

Auch in der Serie "Je suis le Chien errant sur la Terre  #2 & #3" kombiniert sie urbane und rurale Momente mit den Tieraufnahmen. Unschärfe, Bewegung und vor allem unterschiedliche Farbstimmungen eröffnen uns eine geheimnisvolle thailändische Welt.

 

aus der Serie: Je suis le Chien errant sur la Terre #2 & #3 © Corinne Rozotte

aus der Serie: Je suis le Chien errant sur la Terre #2 & #3 © Corinne Rozotte

aus der Serie: Je suis le Chien errant sur la Terre #2 & #3 © Corinne Rozotte

aus der Serie: Je suis le Chien errant sur la Terre #2 & #3 © Corinne Rozotte

aus der Serie: Je suis le Chien errant sur la Terre #2 & #3 © Corinne Rozotte

aus der Serie: Je suis le Chien errant sur la Terre #2 & #3 © Corinne Rozotte

aus der Serie: Je suis le Chien errant sur la Terre #2 & #3 © Corinne Rozotte

 

Zwei Hunde aus der Serie "La Vie Moderne", die einen Blick auf tierliches Leben im 21. Jahrhundert wirft. Ich habe den Hund ausgewählt, da er mich an Rocco erinnert.

 

La vie moderne, 2014 @ Corinne Rozotte

La vie moderne, 2014 @ Corinne Rozotte

 

Die Serie "Les Passagers - Bestiaire post-moderne" basiert auf Corinne Rozottes Beobachtung, dass der Mensch die vollkommene Kontrolle über Leben und Sterben von Tieren hat. In Doppel- oder Mehrfachbelichtungen kombiniert sie Fotos aus Europa und Asien, um auf die globale Gültigkeit dieses Faktums hinzuweisen.

 

Les Passagers - Bestiaire post-moderne, 2013 @ Corinne Rozotte

Les Passagers - Bestiaire post-moderne, 2013 @ Corinne Rozotte

Les Passagers - Bestiaire post-moderne, 2013 @ Corinne Rozotte

Les Passagers - Bestiaire post-moderne, 2013 @ Corinne Rozotte

Les Passagers - Bestiaire post-moderne, 2013 @ Corinne Rozotte

Les Passagers - Bestiaire post-moderne, 2013 @ Corinne Rozotte

 

Neben ihrer Homepage mit künstlerischer Fotografie setzt sich Corinne Rozotte auf Ihrer Website Animal dokumentarisch mit dem Leben und Sterben von Tieren auseinander. In der Serie "The Passengers (into the refuge), Part I" erfolgt unser Blick auf Hunde und Katzen in Tierasylen durch das Gitter der Käfige, das fast allen Bildern gemeinsam ist. Der Blick der Tiere heraus auf uns ist in seiner Traurigkeit und Unbegreiflichkeit kaum zu ertragen.

In vielen Serien geht sie dem Leben der "Nutztiere" nach, etwa dem der Schafe bei der Schur oder dem der Milchkühe in Burgund. Immer ist das Tier nur Mittel zum Zweck des Verdienstes und sei er noch so gering, (2-3 € bringt das geschorene Fell eines Schafs, es wird in China weiterverarbeitet), nie wird es als Individuum, als Subjekt begriffen. Corinne Rozotte zeigt uns die Verfügungsgewalt über die Tiere, ganz alltäglich und trotzdem erschütternd.

In weiteren Fotoserien beschäftigt sie sich mit den thailändischen Hahnenkämpfen oder dem Leben der Elefanten in Gefangenschaft, die zur illegalen Arbeit verwendet werden und deren Verletzungen durch menschliche Misshandlungon in Elefantenhospitälern behandelt werden. Wir lernen ein Königskobradorf mit Showdarbietungen und dem Verkauf von Heilkräutern und Gegenmitteln ebenso kennen wie Pferderennen im Hippodrome de Longchamp, bekommen Einblick in das Leben von Zuchtschweinen sowie in den Lebensweg vom Küken zum geschlachteten Huhn.

Obwohl diese Serien starken dokumentarischen Charakter haben, sind sie dennoch immanent künstlerisch, wenngleich es nicht einfach ist, das Künstlerische hervorzuheben, da der Inhalt die formal-ästhetischen Elemente in den Hintergrund drängt. Corinne Rozotte beschreibt selbst ihren Zugang in der Dokumentarfotografie als Reflexion über die ästhetische Konzeption des Bildes als Rekonstruktion von Wirklichkeit. Ihr roter Faden ist der subjektive Blick auf alles, was leicht übersehen und vergessen werden könnte.

Corinne Rozotte (geb. 1969) studierte Gesundheitssoziologie bevor sie 2005 zu fotografieren begann. Seit 2012 legt sie ihren Arbeitsschwerpunkt auf die Fotografie des Tieres. Sie lebt und arbeitet in Paris.

 

alle Fotos © Corinne Rozotte

 

Fotografie
4. Januar 2014 - 18:55

Sequences © Nils Jorgensen
  aus der Serie "Sequences"  © Nils Jorgensen

 

Ist das nicht eine harmonische Konstellation von Mensch und Hund? Verantwortlich dafür zeichnet der in London arbeitende Däne Nils Jorgensen. Er zeigt humorvolle Alltagssituationen und ist damit ein Vertreter der aktuellen Street Photography. Wie Matt Stuart gehört er dem Kollektiv In-Public an, einer Gemeinschaft englischsprachiger Street Fotografen. Und wie auf Matt Stuart bin ich auch auf ihn in der Galerie EIGENSINNIG gestoßen, die sich bevorzugt der Street Photography widmet.

 

maddog © Nils Jorgensen

whitedogfever @ Nils Jorgensen

 

Mehr von Nils Jorgensen finden Sie auf seiner Flickr-Seite.

alle Fotos © Nils Jorgensen

 

Fotografie