Fotografie

28. September 2011 - 9:05

Zur Zeit findet in Berlin im Martin-Gropius-Bau eine Retrospektive des amerikanischen Fotojournalisten W. Eugene Smith (1918-1978) statt, dessen Werk sein politisches und soziales Engagement widerspiegelt. Er setzte einerseits Maßstäbe, was die technische Perfektion seiner Fotos anlangte und andererseits in seinem Streben nach Abbildung der "Wahrheit" und "Essenz", die ihm wichtiger war als die "Wirklichkeit": Immer auf der Suche nach dem perfekten Foto stellte er Szenen nach oder bearbeitete die Aufnahmen nachträglich, um sie authentischer erscheinen zu lassen.

 

Wie lange und wie viele Versuche hat er wohl gebraucht, um den Hund in dieser springenden Position abzulichten?

 

 

Eugene Smith - A dog with soldiers
Foto vom Blog "RCTC-Photo"

 

 

Anerkannt wurde er nicht nur für seine Bildreportagen vom 2. Weltkrieg, auch seine Reportagen über einen Landarzt oder eine Hebamme bei der Arbeit und Albert Schweitzer in Lambaréné waren wegweisend. Seine erschütternden Aufnahmen vom Umweltskandal im japanischen Minamata halfen mit, den Chemiekonzern Chisso vor Gericht zu bringen. Seine aufwändig recherchierten Foto-Essays wurden in zahlreichen Magazinen, darunter auch Life und Time, abgedruckt. Er wird zum Begründer des Fotojournalismus in Form von Foto-Essays, die Bedeutung der Fotos geht über das reine Illustrieren der Texte hinaus.

Die Menschlichkeit, Anteilnahme am Sujet, die er über seine Foto-Essays transportieren wollte, um beim Betrachter so etwas wie soziale Verantwortung zu erreichen, spricht auch aus dem Foto des Affen und der Katze. Wie zwei einander beschützende Überlebende einer feindlichen Welt wirken die beiden auf mich.

 

 

Eugene Smith, 1954
Foto vom Blog "The Old Familiar Faces"
 

W. Eugene Smith war auch Mitglied bei Magnum, der von Henri Cartier-Bresson gegründeten Fotoagentur. Bei der Suche nach weiteren Hundebildern bin ich auf auf der Magnum-Seite auf den Foto-Essay "Life Without Germs" (Leben ohne Keime) gestoßen, der 1949 in den Forschungslabors der Universität Notre Dame in Indiana/USA aufgenommen wurde.

Ich möchte auf meinem Blog niemanden mit Bildern unbeschreibbarer Tierfolter überraschen, weil ich weiß, wie sich Bilder in das Gehirn brennen und das eigene Leben zur ohnmächtigen Qual wird, wenn man sich auch nur vorzustellen versucht, was die Tiere überall auf der Welt gerade in dieser Sekunde erleiden müssen. Deshalb nur dieses eine Bild der Säuglinge. Weitere Fotos finden sich auf der Magnum Fotostrecke.

 

Eugene Smith: Life without germs, 1949
© Magnum Photos
 

Im Unterschied zu heute schienen 1949 Fotoreporter ungehindert in Labors fotografieren zu dürfen, um den "Kampf gegen Keime" zu dokumentieren, Tierversuche stellten vermutlich kein ethisches Problem dar. (Obwohl ich den Artikel nicht kenne, lese ich Smith's Fotos nicht als Fotoreportage gegen Tierversuche). Oberflächlich betrachtet steht die Öffentlichkeit heute Tierversuchen zu kritisch gegenüber, als dass sich ein Unternehmen oder eine Forschungseinrichtung mit solch einer Foto-Strecke präsentieren würde. Die Folter geschieht heute versteckter, heimlicher, die Aufzucht der Opfer industrialisierter.

Es verwundert nicht, dass jemand, der nicht nur von seiner Arbeit, sondern auch von deren perfekten Ausführung besessen war und sich zeit seines Lebens mit vor allem menschlichem Leid auseinandersetzen musste, an Drogen- und Alkoholmissbrauch litt. Besessene Ablenkung erhielt Smith in einem New Yorker Loft, in dem er die dort arbeitenden Jazzmusiker (Thelonius Monk, Charles Mingus, Miles Davis, Ornette Coleman u.a.) porträtierte. Erst 1998 wurden 4000 Stunden Tonmaterial sowie 40 000 Einzelaufnahmen in seinem Nachlass gefunden. Seine Schallplattensammlung umfasste etwa 25 000 Stück.

 

11. September 2011 - 7:34

Rocco und das Meerschweinchenbuch

 

Ich besitze ein sehr nettes Buch voll mit gemalten Meerschweinchen: etwa 60 unterschiedliche Angora-, Rosetten-, Langhaarmeerschweine, die Struktur und Wuchsrichtung des Fells schwung- und kunstvollst herausgearbeitet, alle auf knallig bunten Hintergründen aus fein verstrichenen Farbverläufen gemalt.

Erst kürzlich bin ich auf gemalte Hunde gestoßen, die mich in der "Machart" an die Werke in meinem Meerschweinchenbuch erinnerten. Nun: Es handelte sich um den gleichen Maler - Cornelius Völker.

 

Ausstellungsansicht sieshoke galerie düsseldorf
Ausstellungsansicht Sies+Höke Galerie,
Düsseldorf, 2003
 

Hund 1

Hund 2

Hund 3

Hund 4

 

Cornelius Völker -  er wurde 1965 geboren und lebt in New York und Düsseldorf - bildet thematisch ein sehr breites Spektrum ab. So finden sich real ganz kleine Dinge wie eine Himbeere, zwei Teebeutel (195 x 285 cm), eine Brustwarze oder eine Tafel Schokolade zur hintergrundlosen Größe von 150 x 300 cm aufgeblasen; die Serie Schwimmer ist von der Größe bescheidener (32 x 30 cm), ebenso die Hunde (50 x 60 cm).

Hunde gibt es auch als Lithografien:

 

Hund 2003, Lithografie

Hund, 2003, Lithografie

 

Es hat den Anschein, dass alle Menschen, Tiere und Gegenstände dem Maler - zur Zeit Professor für Malerei an der Kunstakademie Münster - gleich wichtig sind, irritierend wirkt höchstens die Werkgröße in Relation zu realen Größe (und Bedeutung) des Dargestellten. "Die Motive", sagt Cornelius Völker selbst "sind für mich so etwas wie Widerstandskoeffizienten, an denen sich die Malerei erproben muss". (vgl. Ausstellungseinladung Goslar)

Völkers Meerschweinchen und Hunde haben für ihn nur Bedeutung als Fellträger, das Fell wäre hier der Widerstandskoeffizient, an dem sich Völker der Meister des Farbauftrags und Pinselstrichs messen muss: Farbmaterie und Pinselduktus werden eins mit dem Motiv, die Malerei das eigentliche Thema.

Seit dem Beginn der 1990er Jahre fotografiert Cornelius Völker, auch Hunde - nicht reizlos. Auf seiner Homepage systematisiert er sein fotografisches Werk nach Orten (Paris, Dortmund, Berlin, Florenz..)

 

Cornelius Völker, 1992

Paris 1992

Ratingen, 1996

Düsseldorf, 1996

 

Bis 2. Oktober 2011 sind seine Werke im Mönchehaus Museum Goslar zu sehen.

Alle Bilder stammen von Völkers informativer Homepage / © bei den Fotografen und Cornelius Völker

Das Meerschweinchenbuch: Cornelius Völker: Meerschweinchen, Kunstverein/Kunsthalle Göppingen, Hrsg.. Bernd Finkeldey, Schirmer/Mosel-Verlag, München, 2009, ISBN 978-3-8296-0456-7

 

Ausstellung, Buch, Fotografie, Grafik, Malerei
9. September 2011 - 15:05

Wie bei Erdbeben, Hurricans und anderen Naturkatastrophen kamen auch nach den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon an die 100 Rettungshunde - von der FEMA, der nationalen Koordinationsstelle der Vereinigten Staaten für Katastrophenhilfe, beschäftigt - zum Einsatz, um Überlebende unter den Trümmern aufzuspüren. Die niederländische Fotografin Charlotte Dumas, sie lebt und arbeitet in Amsterdam und New York, hat nun ihrerseits die noch 15 lebenden Hunde, heute mindestens 12-jährig, aufgespürt und fotografiert. Sie leben über die ganzen Vereinigten Staaten verstreut.

Die Fotos werden in der Julie Saul Gallery in Chelsea, NY gezeigt und als Buch "Retrieved" veröffentlicht. Die New York Times hat schon im August eine Bildstrecke gezeigt.

Vielen Dank an Moira McLaughlin und Ihren wundervollen Blog Dog Art Today, der mir als Anregung diente. Sie hat vorgeschlagen Taschentücher bereitzulegen, bevor man die Hundefotos anschaut. Wie wahr! Ich habe schon Tränen vergossen.

 

Charlotte Dumas Guinness, 14

Charlotte Dumas Red, 11

Charlotte Dumas, Bailey, 14

Charlotte Dumas, Bretagne, 12

Charlotte Dumas, Orion, 13

Charlotte Dumas, Moxie, 13

Charlotte Dumas, Tara, 16

 

Ausstellung, Buch, Fotografie
4. September 2011 - 9:02

Der 1971 in Herne geborene und in Hamburg lebende Künstler Thomas Brinkmann hat in den letzten Jahren ein vielfältiges Werk aus Fotografie, Skulptur, Objektkunst, Videoperformance und Installationen geschaffen, das die Möglichkeiten des Absurden auslotet.

 

Thorsten Brinkmann - Vasall van Bröckl, 2011
Thorsten Brinkmann, Vasall van Bröckl, 2011 / © VG Bild-Kunst, Bonn 2011

 

Aus ersammelten Alltagsobjekten, die er auf Schrottplätzen, im Sperrmüll und auf Flohmärkten findet, komponiert er seine Skulpturen und Rauminstallationen, wobei er die gefundenen Gegenstände von ihrer ursprünglichen Funktion losgelöst verwendet: So etwa in seiner Serie "Portraits of a Serialsammler", wo er hinter seinen Gegenständen und vor dem ebenfalls aus Fundstücken inszenierten Hintergrund vollkommen verschwindet. Brinkmann fotografiert auf diese Weise Selbstbildnisse, ohne Gesicht zu zeigen, die Fundstücke sind ihm wichtiger. Für sie findet er den Begriff "Ausdrucksprothese". Er möchte mit seinem Werk irrtierende Leerstellen schaffen, die der Betrachter mit eigener Kreativität neu füllen könne. Wo das Porträt kein Gesicht und der Gegenstand, der es bedeckt, keine Funktion mehr hat, beginne beim Besucher das Um- und Neudeuten. (vgl. dazu Artikel in Zeit-online)

 

Thorsten Brinkmann - Donna Delle, 2011
Thorsten Brinkmann: Donna Delle, 2011 / © VG Bild-Kunst, Bonn 2011
 

In der Rauminstallation "Ernie & Se King", sie war im Ausstellungsraum der Griffelkunst in Hamburg zu sehen, zeigt er erstmals auch Tierporträts, für die sein Hund Ernie Modell stand.

 

Thorsten Brinkmann - Ernie der III, 2011
Thorsten Brinkmann: Ernie der III, 2011 / © VG Bild-Kunst, Bonn 2011
 

Folgend zwei Bilder von den Aufbauarbeiten der Rauminstallation:

 

Ernie

Ernie beim Aufbau

 

Auch unten inszeniert Brinkmann seinen Hund für seine Fotografien.

 

Thorsten Brinkmann - Ern del Bär, 2011
Thorsten Brinkmann: Ern del Bär, 2011 / © VG Bild-Kunst, Bonn 2011

Thorsten Brinkmann - Der klassische Fourleg, 2011
Thorsten Brinkmann: Der klassische Fourleg, 2011  © VG Bild-Kunst, Bonn 2011
 

Für die Rauminstallation "Hundesalon" hat er auch eine kleine Skulptur gebastelt, eine Hundeschwanzwedelmaschine, von einem alten Scheibenwischermotor angetrieben.

 

Hundesalon Kunsthalle Hamburg, 2011
Hundesalon, Kunsthaus Hamburg, 2011 | © Thorsten Brinkmann VG Bild-Kunst,
Bonn 2011 / Foto- Hayo Heye
 

Ab September 2011 startet die Kunsthalle zu Kiel eine Reihe von Künstlerinterventionen in der jährlich wechselnden Sammlungspräsentation. Den Anfang macht Brinkmann, dessen Werke unter dem Titel "Extradosis" zu sehen sind.

 

1. September 2011 - 16:41

Neben farbenprächtigen Fotos von Antigua, asiatischen Kindern und einem ausgestopften Fuchs fotografiert der Londoner Fotograf Martin Usborne immer wieder Hunde.

 

2010 entstand die Fotoserie Life as a dog in the recession, die im Apri 2011 als Buch erschien. Usborns Zwergschnauzer Moose, der einen eigenen Blog betreibt, schrieb den Text dazu.

 

Berührend und ergreifend ist seine Serie Mute: the silence of dogs in cars, in der Usborne - vor allem in der Nacht - wartende, zurück gelassene Hunde in Autos zeigt. Ausgangspunkt war die Erinnerung an eine kindliche Erfahrung: Er war im Auto allein gelassen worden und wusste nicht, ob und wann jemand zurück käme und vergleicht sie mit der Situation der Hunde. Kein Hund weiß, ob sein menschlicher Partner in 10 oder 30 Minuten oder nie mehr zurückkommen wird. Im doppelten Sinne scheint die Einsamkeit und Isolation, die aus den Gesichtern spricht zeitlos. Zwei Scheiben, die Autoscheibe und die Linse des Fotoapparats - stehen zwischen dem Fotografen umd dem Tier: Es ist gefangen und stumm.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zukünftige Projekte beschäftigen sich mit geretteten Hunden in Tierheimen und Nahaufnahmen von Hunden hinter dekorierten Glasscheiben.

Alle Fotos © Martin Usborne

 

 

Buch, Fotografie