7. Mai 2012 - 9:36

Manchmal, wenn ich im Caritas-Lager oder auf Flohmärkten herumstreife und auf liebevoll gestaltete, aber ausrangierte Fotoalben stoße, wird mir schwer ums Herz. In ungünstig schwermütigen Momenten schließt sich die Frage an: Was wird aus meinen Alben werden?

Einer, der sich der ausgemusterten, verwaisten Aufnahmen annimmt, ist der Niederländer Erik Kessels. Er ist fasziniert von alten Privatfotografien und ihren vermeintlichen Mängeln.

 

Der leidenschaftliche Sammler kümmert sich um Material, das durch den Einsatz der Digitalkamera nach und nach verschwindet. Unzählige Male kann heute abgedrückt und gleich wieder gelöscht werden. Überlegungen bezüglich Komposition oder Bildausschnitt sind für den Amateurfotografen - auch dank simpler Möglichkeiten zur Nachbearbeitung - kaum mehr nötig. Es wird schon zufällig etwas gelingen. Und all die hundert Versuche kosten nichts. Vorbei die bangen Minuten beim Abholen der teueren Abzüge im Fotogeschäft. Das "kostbare" wohlüberlegte Freizeitfoto verschwindet ebenso wie der reizvolle, fehlerhafte Ausschuss in Papierform.

 

Viele der gesammelten Bilder findet Kessels beim langen Stöbern auf Flohmärkten in und um Amsterdam. Die verblüffendsten der Fundstücke schaffen es dann in regelmäßigen Abständen in den Bildbandreihe "In Almost Every Picture". Bereits zwölf Fotobücher mit vorgefundenem Material hat er herausgegeben, zwei davon mit Hunden, einem Dalmatiner und einem schwarzen Spitz ("In Almost Every Picture #5 und #9").

 

Kessels interessieren die Aufnahmen nicht nur wegen der fotografischen "Fehler" und technischen Unzulänglichkeiten, die die Fotos seiner Meinung nach authentisch machen, ihn interessieren auch die Geschichten, die hinter den Fundstücken stecken und die nie für eine größere Öffentlichkeit bestimmt waren.

 

 

 

In Almost every Picture #5

 

"In almost every picture #5" ist ein Dalmatiner fester Bestandteil des Familienlebens, er kommt auf jedem Foto vor und steht fast immer im Mittelpunkt.

 

In Almost every Picture #5

In Almost every Picture #5

In Almost every Picture #5

 

In Almost every Picture #5

 

Das  Aufwachsen und Leben des fotogenen Dalmatiners wird über 15 Jahre lang festgehalten. Die Hundehalterin scheint sogar im Partnerlook mit ihrem Hund aufzutreten (Muster des Kleides oben). Sie experimentiert auch mit der wohl als künstlerisch angesehenen Schwarz-Weiß-Fotografie, die ihren Liebling noch besser in Szene setzen soll..

 

In Almost every Picture #5

"In Almost Every Picture #9" handelt vom Versuch einer Familie ein großes Mysterium der Fotografie zu lösen: Wie fotografiert man einen schwarzen Hund? Das Fotobuch zeigt die Sammlung eines Ehepaars, das sein Leben mit dem schwarzen Spitz teilte und dokumentiert gleichzeitig über Jahre hinweg die technisch gescheiterten Versuche den geliebten Hund abzu"lichten". Die ungeeignete Kamera und die ungünstige Farbe des Felles lassen ihr geliebtes Haustier bloß als schwarzen Fleck erscheinen.

 

Alle Versuche, die Liebe zu ihrem Hund zu zeigen, scheitern dabei aber auf eine schöne und charmante Weise: Der Hund bekommt eine Aura des Geheimnisvollen.

 

In Almost every Picture #9

In Almost every Picture #9

 

Über Jahre hinweg nehmen sie eine schwarze Silhouette auf, einen Mann, der einen schwarzen Fleck umarmt ...

 

 

In Almost every Picture #9

In Almost every Picture #9

In Almost every Picture #9

In Almost every Picture #9

 

... und eine Frau, die mit einem schwarzen Dreieck spricht. Besonders hier stellt sich der Verdacht ein, der rätselhafte Fleck könnte ein maskierter Superheld sein, "a doggy Bruce Wayne hiding in a shadow“.(Chritian Bunyan)

 

 

In Almost every Picture #9

In Almost every Picture #9

 

Erik Kessels findet die beständige Leidenschaft der beiden ihren schwarzen Klecks zu fotografieren bewundernswert: Doch wenn der Betrachter schon glaubt, der Fleck bliebe rätselhaft ...

 

In Almost every Picture #9

 

... merkt er auf der letzten Seite, dass der Fleck doch nur ein alter Hund ist. ("And it turns out that he’s just a plain old scruffy mutt after all!" - Christian Bunyan)

Erik Kessels ist Kreativdirektor und Mitgründer der Amsterdamer Werbeagentur KesselsKramer, deren Portfolio von klassischer Werbung bis hin zu Dokumentarfilmen reicht. 2007 gründete KesselsKramer einen Ableger in London, das KK Outlet. Wie die Hauptagentur fungiert das Büro in London nicht nur als Werbeagentur, sondern auch als Galerie. Neben seiner Arbeit in der Agentur ist Erik Kessels Lehrer an einer Theaterschule, Ausstellungskurator, entwirft er Briefmarken, gestaltet Kindersendungen für das Fernsehen, nicht zuletzt ist er Herausgeber von Fotobüchern.

KesselsKramer - Wundern Sie sich nicht, sondern aktualisieren Sie die Seite mehrmals! Alle Fotobücher finden Sie auf KesselsKramer Publishing, ein ausführliches Interview mit Erik Kessels auf  Conscientious Extended. 

alle Fotos © Erik Kessels

 

Buch, Fotografie
4. Mai 2012 - 9:07

Eine Freundin aus Deutschland und beständige Leserin meines Blogs hat mich gefragt, ob ich Wilhelm Trübners "Dogge mit Würsten" kenne. Nein, kannte ich nicht, allerdings befindet sich sein Bild "Caesar am Rubicon" nur einen geschätzten Kilometer Luftlinie von meinem Schauraum entfernt im Wiener Belvedere. Es gehört zu meinen ultimativen Hundelieblingsbildern. Um dem Blog eine persönliche(re) Note zu geben, schließe ich ein Foto meiner Pinnwand weiter unten an - Ceasars Antlitz war bereits die Vorderseite eines Geburtstagsgrußes, den mir eine langjährige Freundin schickte.

 

Wilhelm Trübner, Caesar am Rubicon (der Hund des Künstlers), um 1878
Wilhelm Trübner, Caesar am Rubicon (der Hund des Künstlers),
um 1878, Öl auf Leinwand, 48,5 x 61,5 cm, Belvedere, Wien

Wilhelm Trübner, Dogge mit Wurstschüssel, 1878

Wilhelm Trübner, Dogge mit Würsten. Ave Caesar morituri te salutant, 1878

Wilhelm Trübner, Dogge am Wesslinger See, 1876

 

Finden Sie nicht auch, dass die Abfolge der Bilder eine Geschichte erzählt? Wäre ich Trübners Hund und wären die Würste immer unerreichbar gewesen - und für einen gehorsamen Hund beginnt die Unerreichbarkeit leider vor der Schnauzenspitze - wäre wohl auch mein Blick sehnsuchtsvoll in die Ferne, über den Wesslinger See geschweift!

Aber ich gehe einmal davon aus, dass Trübner seinen Hund sehr gerne gehabt und für das Modellsitzen mit Leckerlis belohnt hat.

Mit dem Nietenhalsband und dem Pokerface sieht Caesar mit den Würsten übrigens sehr zeitgemäß aus, dabei ist das Bild fast 150 Jahre alt! Der Heidelberger Maler Wilhelm Trübner lebte von 1851 bis 1917 und verband in seinem Werk, das sich hauptsächlich der Landschafts- und Bildnismalerei widmete, realistische und impressionistische Züge zu einem persönlichen, dem Leibl-Kreis verwandten Stil.

 

Pinnwand, © Petra Hartl

 

Da ich diesen Blogbeitrag am 1. Mai verfasst habe, passt zu Caesars Gehorsamkeit und Unterordnung ein Streikaufruf, den ich über Moiras Blog Dog Art Today bekommen habe:

 

Streike!

 

Malerei
1. Mai 2012 - 13:08

Anke Wissing, Falke, 2012

 

Ernst und selbstbewusst, humor- und würdevoll schauen die Hunde aus den Bildern, ganz als wüssten sie schon beim Fotografieren um die Bedeutung des Fotos als Vorlage für ein Gemälde. In den Bildern von Anke Dilé Wissing ruhen die Hunde in sich, die Farbstimmung des Hintergrunds greift deren Stille und Gelassenheit auf. Nebenbei stellt der ähnliche Hintergrund dieser bezaubernden Brustbilder den formalen und zeitlichen Zusammenhang der Serie her.

Keine Unruhe stört die Bilder! Vielleicht liegt das daran, dass die Künstlerin nachts malt, ablenkungslos, sich ganz dem Motiv hingebend. Diese Hunde haben ihren Platz nicht nur im Bild, sondern in der Welt gefunden. Wenn man es auch nicht sieht, so spürt man: Mit allen vier Pfoten stehen sie fest auf der Erde.

Einzig der Dalmatiner blickt uns etwas fragend an - allerdings passt das gut zu seinem abstrakt-informellen Hintergrund.

 

Anke Wissing, Birka, 2012

Anke Wissing, Marie, 2012

Anke Wissing, Lord, 2012

Anke Wissing, Naim, 2012

Anke Wissing, Shila, 2012

Anke Wissing, Kira, 2012

Anke Wissing, Rassel II, 2012

Anke Wissing, Lotta, 2012

Anke Wissing, n. T. Flach

 

Quedlinburg, hier lebt und arbeitet die Künstlerin, trägt einen Hund im Wappen. Naheliegend also, dass sich Anke Dilé Wissing (auch) mit Hunden beschäftigt. Wie der Hund auf das Wappen kam, beschreibt sie auf ihrer Homepage. Unten sehen sie den für Hundefreunde wesentlichen Teil des Quedlinburger Rathauses:

 

Detail des Quedlinburger Wappens auf dem Rathaus
Detail des Quedlinburger Wappens auf dem Rathaus

 

Noch bis 16. Mai 2012 stellt Anke Dilé Wissing ihre Quedel-Serie "Dogs" im Theophano Café in Quedlinburg (Markt 13/14) aus, zu sehen täglich von 10-18 Uhr.

 

Ausstellungsankündigung
Der zwölfjährige "Falke" kündigt die Ausstellung an!

 

alle Bilder © Anke Dilé Wissing

Ausstellung, Malerei
30. April 2012 - 10:03

Mark Jenkins, Asategue, 2005

Mark Jenkins, Asategue, 2005

Mark Jenkins, Baltimore, 2005

Mark Jenkins, Osnabrück, 2008
Mark Jenkins, Sculptures, 2008; Exhibition "fresh air smells funny" at
Kunsthalle Dominkanerkirche Osnabrück vom 25.01. - 30.03.2008,
Foto via Reinkingprojekte © MRpro

 

Mark Jenkins ist einer der bekanntesten Street Art Künstler, die sich mir Skulptur und Installationen sowohl im urbanen Raum als auch in der freien Natur beschäftigen. Oftmals werden durch die vielfältigen Reaktionen der Passanten aus Installationen regelrechte Performances, was auch ganz den Intentionen des Künstlers entspricht. Jenkins findet, dass seine Installationen erst durch die Interaktionen mit Umraum und Menschen vervollständigt werden und dass sie die soziale Struktur von Städten verändern. Auch die von Passanten angeforderten Sicherheitskräfte bezieht er als Akteure in seine Arbeit mit ein.

 

Mark Jenkins, 1970 geboren, lebt und arbeitet in Washington, DC/USA. Er stellt seine Skulpturen aus transparenten Klebebandabdrücken her: Abdrücke seines Körpers (2003), Abdrücke von Kleinkindern beim "Storker-Projekt" (2005), er  kleidet seine Skulpturen ein (ab 2006). Seine  Abdrücke von Hunden sehen sie oben.

Obwohl Jenkins auch schon im musealen Kontext - zum Beispiel in der Wiener Kunsthalle - ausgestellt wurde, ist seine Kunst für die Straße bestimmt.

Im Jänner 2012 erschien seine erste Monografie "The Urban Theater", die seine Bandbreite an oft verstörenden, aber auch humorvollen Installationen zeigt, sowie Fotoarbeiten, die die spontanen Reaktionen des Publikums auf seine Interventionen dokumentieren.

 

Mark Jenkins, The Urban Theater

 

Mehr über Mark Jenkins auf seiner Homepage und beim Gestalten Verlag.

Auf tapesculpture finden Sie eine Anleitung zum Herstellen von Klebebandskulpturen.

 

Buch, Installation, Skulptur, Street Art
27. April 2012 - 8:46

Der 1965 in Frankreich geborene Philippe Pasqua arbeitet an zwei großen Themenbereichen: dem menschlichen Gesicht und der menschlichen Figur. Groß angelegt sind die Themenbereiche nicht zuletzt wegen der Bildformate. Auf den großen Bildgründen werden die Motive formatfüllend inszeniert.

Pasqua malt auch seine Hunde – John und Purdey – und er macht in ihrer Darstellungsweise keinen Unterschied zur menschlichen Nacktheit. Die beiden werden entspannt und friedlich dargestellt. Vertrauensvoll wenden sie dem Betrachter ihre ungeschützten Bäuche zu.

Beiden Hundebildern gemeinsam ist die Wertschätzung und Nähe des Malers zum Tier.

 

Philippe Pasqua, Purdey, 2009
"Purdey" ist 2 x 4 Meter groß!

Philippe Pasqua, Purdey, 2009

Philippe Pasqua, John, 2005

Philippe Pasqua, John, 2005

Philippe Pasquas Atelier

 

Der Blick in Pasquas Atelier sagt wohl mehr über seinen spontanen Arbeitsprozess als jede Beschreibung. Wollen Sie dennoch eine lesen, bietet sich Ulrich Krempels Text "Nahe am Anderen" an.

alle Bilder © Philippe Pasqua

 

Malerei
24. April 2012 - 8:47

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

© Moni Lewandowski

 

Diese wunderbaren Zeichungen und Illustrationen stammen von der erst 24-jährigen amerikanischen Künstlerin Moni Lewandowski. Sie stammt aus Chicago und reiste viel durch die Staaten bevor sie sich in Taos/New Mexiko niederließ.

Sie fertigt ihre detailreichen Arbeiten oft mit einem einfachen Bic-Kugelschreiber an oder sie arbeitet mit Tusche, Wasser- und Acrylfarben.

Obwohl ich aus ihrem vielfältigen Werk nur ein paar exemplarische Hundezeichnungen ausgewählt habe, erkennt man ihre Begeisterung für die 60er und 70er Jahre (Flower Power!) sowie ihre große Naturverbundenheit: Pflanzen und Tiere faszinieren und inspirieren sie gleichermaßen.

Auf Bangstyle können sie ein Interview mit ihr lesen, ihr Blog gibt einen umfassenderen Einblick in ihr Werk.

 

Grafik, Zeichnung
21. April 2012 - 10:19

© Seth Casteel

 

Das ist Seth Casteel, der "Underwater Dog Guy" mit wasserbegeisterten Hunden, die schon gespannt darauf warten, dass er den Ball in die Tiefe wirft. Was dann passiert, und wie aus sanften Schmusehunden "wilde" Tiere werden, sehen sie unten.

 

© Seth Casteel

© Seth Casteel

© Seth Casteel

© Seth Casteel

© Seth Casteel

© Seth Casteel

© Seth Casteel

© Seth Casteel

© Seth Casteel

© Seth Casteel

© Seth Casteel

 

Seth Casteel, einer der populärsten Haustierfotografen, trat in den letzten Monaten mit seinen Unterwasserfotografien einen medialen Siegeszug an: Unzählige Male wurde seine Arbeit in Magazinen, TV-Shows und im Internet vorgestellt. So ist es nur folgerichtig, dass die Unterwasserfotos im Oktober 2012 auch als Buch erscheinen.

Aber auch Casteels An-Land-Fotos sind sehenswert! Er fotografiert die Hunde in ihrer gewohnten Umgebung, in Bewegung, beim Spiel und Herumtollen. Die Bilder sollen einen dokumentarischen, spontanen und dynamischen Eindruck vermitteln. Dabei versucht er dem individuellen Hunde-Charakter gerecht zu werden: Glücklich, verspielt, treu, neugierig, friedfertig, leidenschaftlich, optimistisch, temperamentvoll, hysterisch, faul, liebevoll, dankbar, faszinierend...

Ein paar Stunden wöchentlich arbeitet der kalifornische Star-Fotograf ehrenamtlich in einem Tierschutzhaus in L.A. und setzt dort die oft verängstigten, traurigen, aber auch aggressiven Hunde vor der Kamera in Szene. Diese Hollywood-gemäßen Fotos ersetzen die traurigen Fotos, die die Angestelleten nach der Ankunft der Tiere machen. Attraktiv abgelichtet finden diese Fotos dann Eingang in Vermittlungsforen, Zeitungen und Webseiten.

 

© Seth Casteel
Second Chance Photos -
Saving Pets through Photography

Alle Fotos © Seth Casteel

Casteel ist ein Guter! Klicken Sie sich durch seine Tieraufnahmen, auf Little Friends Photo, seinem Blog und auf Second Chance Photos.

 

18. April 2012 - 9:05

Ich blättere manchmal in meinen Kunstbüchern und -katalogen ziellos vor mich hin. So auch ein paar Tage nachdem ich den Beitrag über Albrecht Tübke geschrieben hatte. Im Ausstellungskatalog "Made in Leipzig" stieß ich auf ein Bild Werner Tübkes - Albrecht Tübkes Vater! Und auf diesem "Bildnis des Viehzuchtbrigadiers" von 1962 waren Hunde zu sehen! Bei der Google-Bildersuche fand ich ein weiteres Bild Tübkes mit identischen Hunden: Der Maler begann mich zu interessieren.

Den ÖsterreicherInnen der 60er Jahre und auch danach waren KünstlerInnen der DDR natürlich nicht geläufig. In Wien lebte man sozusagen am Rande der westlichen Welt - 60 km östlich begann der "Eiserne Vorhang". Wenn man schon Interesse am Ostblock entwickelte, dann eher an Ungarn, der damaligen Tschechoslowakei und dem damaligen Yugoslawien. Ich möchte also gar nicht so tun, als hätte ich zu DDR-MalerInnen irgendetwas zu sagen. Allerdings habe ich einen interessanten Text von Gunter Reski über Werner Tübke gefunden - ergänzt durch meinen Katalogtext ergibt es ein erstes Bild.

 

Werner Tübke, Selbstbildnis in Samarkand
Werner Tübke, Selbstbildnis in Samarkand, 1962, Foto © VG Bild-Kunst-Bonn 2009

Werner Tübke, Bildnis des VIehzuchtbrigadiers Bodlenkow (Westkaukasus), 1962
Werner Tübke, Bildnis des Viehzuchtbrigadiers Bodlenkow (Westkaukasus), 1962;
Scan aus Katalog "Made in Leipzig" anlässlich der Ausstellung in der Sammlng Essl 2006

 

Silistisch bedeutsam war 1961/62 Werner Tübkes Reise in die Sowjetunion, nach Westkaukasien. Dort fertigte er 150 sehr detaillierte Zeichnungen und Aquarelle als Vorlagen für seine Malerei an. Diese Studien schienen ihm dazu besser geeignet zu sein als die Fotografie. Das "Selbstbildnis in Samarkand" ist das erste Bild nach seiner Rückkehr. Beim "Bildnis des Viehzüchters" steigert er in der Darstellung noch die Bedeutung des Menschen. Breughelsche Typisierung, altdeutsche Formenstrenge und renaissancistische Gestaltungsprinzipien (Pferd!) kommen zum Tragen: Die Menschendarstellung ist mit einer Landschaftsdarstellung gepaart, die an die Donauschule des 16.Jahrhunderts anknüpft. (vgl. Dietulf Sander, in: Made in Leipzig, Edition Sammlung Essl, S146f). Das für mich Bemerkesnwerte ist die völlige Wiederholung der Hunde! An dieser Wiederholung erkennt man sehr gut, wie er Tübke seine Bilder collageartig zusammensetzt. Nebenbei zitiert er sich sozusagen selbst.

Tübke hat also mannigfaltige Darstellungsweisen vergangener Epochen in seine Bilder eingebracht. Gunter Reski bemerkt in seinem aufschlussreichen Text, dass allen DDR-Staatsmalern ein rückgewandter stilistischer Sonderweg gemein war, um dem Realismusdiktat zu entkommen. Tübke bezeichnet er sogar als ersten postmodernen Maler - natürlich ohne dass dieser das Wort jemals gehört hätte. Und er wundert sich, dass "Tübke mit seinem ausschließlich rückwärtsgewandten Bild- und Stilrepertoire in der DDR immer noch als linientreu und staatsdienlich durchging".

zitiert nach: Gunter Reski "DDR-Postmoderne als Einzelschicksal" in: Texte zur Kunst (20.09.2009) und Dietluf Sander in: "Made in Leipzig", Edition Sammlung Essl,, S 146f,  ISBN 3-902001-29-1

 

Malerei
15. April 2012 - 10:02

Steve John, Within the wind
Foto © Steve John, via Odapark

 

Ganz bezaubernd finde ich das Foto dieser beiden Windhunde, nicht zuletzt durch die wunderbare Farbstimmung, die es vermittelt. Und Farbe ist auch das Thema des britischen Künstlers Steve John. Das Foto ist bis 1. Mai 2012 im Odapark Zentrum für zeitgenössische Kunst Venray (centrum voor hedendaagse kunst) in den Niederlande ausgestellt. "Naturfotografie mit dem Handy" könnte der deutsche Untertitel zur iPhone Art Exhibition "Love the one you´re with" sein. Sie haben richtig gelesen: iPhone Art. In dieser internationalen Ausstellung snd nur Fotos zu sehen, die mit Mobiltelefonen entstanden sind. Die Arbeiten werden als Ausdrucke, aber auch am iPhone und iPad gezeigt. iPhonography nennt Steve John diese Art der Fotografie.

Ausschlaggebend für die intensive Auseinandersetzung mit dem iPhone und seinen Möglichkeiten war eine Armverletzung, die Steve John am Malen in seinem Atelier in Bath hinderte. Er musste Pinsel und Farbe mit dem Finger auf dem Touchscreen tauschen. Inzwischen arbeitet er hauptsächlich mit dem iPhone und nützt dessen Potenzial voll aus. Er fotografiert nicht nur, sondern "malt" auch mit dem iPhone unter Zuhilfenahme unterschiedlichster Apps. Nichts wird am Computer und seiner Software nachbearbeitet! Da das iPhone schon seit 2008 Steve Johns künstlerisches Werkzeug ist, gilt er als ein Pionier der iPhoneography und der iPhone Art.

 

Steve John, Contact
Foto © Steve John, via Escape Into Life

Auf Steve Johns Blog könne Sie ein Videoplayback eines iPhone Paintings sehen und auch Fotos vor und nach der Bearbeitung mit  verschiedenen Apps. Auf seiner Homepage finden Sie auch noch dieses witzige Hundefoto.

Wenn Sie mehr über Steve John und seinen künstlerischen Prozess erfahren wollen, geben ein paar Blogs Auskunft, deren Links Sie auf seiner About-Seite finden.
 

Ausstellung, Fotografie
12. April 2012 - 10:47

Ohne sie gesehen zu haben, möchte ich Ihnen heute zwei große Ausstellungen vorstellen, die das Tier in den Mittelpunkt des Interesses stellen. "Beauté animale" in Paris und "George Stubbs" in München.

Viele bildende Künstler haben der Schönheit der Tiere gehuldigt, darunter Dürer, da Vinci, Rembrandt, Delacroix, Chagall, Warhol. In den Galeries Nationales du Grand Palais in Paris findet eine Ausstellung statt, die die Beziehung zwischen Künstlern und Tieren beleuchtet. Über 130 Werke - Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Skulpturen - der abendländischen Kunst, von der Renaissance bis zur zeitgenössischen Illustration werden gezeigt. Das Besondere an den ausgestellten Exponaten ist, dass es sich um autonome Tierdarstellungen handelt, das heißt, die Tiere sind ohne Menschen dargestellt. Diese alleinige Darrstellungswürdigkeit des Tieres, von wissenschaftlichen Tierstudien abgesehen, hat sich erst langsam seit der Renaissance entwickelt.

Mit den Seesreisen im 16. Jahrhundert wurden auch exotische Tiere entdeckt und aus wissenschaftlichem Interesse abgebildet. Verschleppte Tiere wurden gemalt, um das Repräsentationsbedürfnis der reichen Besitzer zu befriedigen. Die genaue Abbildung, das Naturstudium, das noch eine Verbindung von Wissenschaft und Kunst zeigte (anatomische- und Bewegungsstudien), wurde nach und nach durch sich ändernde ethische und ästhetische Kriterien beeinflusst. Wie auch die menschliche Schönheit war die Darstellung der tierischen Schönheit zeit- und milieuabhängig.

Doch der Mensch gab sich mit der vorhandenen Schönheit der Tiere nicht zufrieden. Er züchtete neue Rassen. Die Ausstellung zeigt auch Rassen, die heute unmodern sind. (Wie sehr z.B. die Hunderassen der Mode unterliegen, kann jeder Hundehalter in seinem Umfeld beobachten. Wien ist voll mit Möpsen!). Auch unbeliebte, über jahrhunderte vernachlässigte Tiergattungen finden Eingang in die Ausstellung, z.B. die Spinne, von Louise Bourgeois in Szene gesetzt.

 

Jacopo Bassano, Deux chiens de chasse liés à une souche, 1548-1549
Japoco Bassano: Zwei Jagdhunde, 1548

Jeff Koons, Pudel, 1991
Jeff Koons' Pudel aus Holz von 1991

 

Die Erkenntnis der Leidensfähigkeit der Tiere führte zu sensibleren Darstellungen von Tieren und ihren vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten. Nachdem die Verwandtschaft der Affen mit den Menschen entdeckt war, wurden auch die vormals lächerlichen und abwertenden Affendarstellungen beseelter, beispielsweise die des französischen Bildhauers Francois Pompon.

Ebendieser Pompon bestückt den letzten Raum mit seinem lebensgroßen Eisbären. Wurde das Aussterben der Arten noch vor zwanzig Jahren mit dem Panda beklagt, tritt der Eisbär - mächtiges ohnmächtiges Opfer der menschverursachten Klimaerwärmung - heute an seine Stelle. Wird seine Schönheit bald nur mehr in unserer Erinnerung oder in den Schöpfungen der Künstler existieren  - dies scheint die Inszenierung des letzten Raums zu fragen. Oder noch schlimmer: Liegt seine Zukunft wieder im Tiergefängnis Zoo? Sicher nicht zufällig ist das Werk ausgesucht, das die Bärenplastik begleitet: Gilles Aillauds Eisbär auf der künstlichen Eisscholle des Zoos.

 

Die Eisbären von Francois Pompon und Aillaud im Hintergrund
Die Eisbären von Francois Pompon und Giles Aillaud im Hintergrund, Bild von
lesdiagonalesdutemps

"Beauté animale", 21. März  bis 16. Juli 2012 im Grand Palais, Galeries nationales

 

George Stubbs (1724-1806) "Science into Art – Tiermalerei zwischen Wissenschaft und Kunst" heißt eine Ausstellung, die noch bis zum 6. Mai 2012 in der Neuen Pinakothek in München zu sehen ist.

George Stubbs, der Meister des Tierbildes in der europäischen Malerei, hat vor allem Pferde und Hunde gemalt. Die Ausstellung vereint mehr als dreißig Gemälde, außerdem Zeichnungen und die seltenen Originalradierungen des Künstlers, Werke, die selbst in Großbritannien kaum jemals öffentlich zu sehen sind. Denn viele Gemälde sind im Privtbesitz, bei den adeligen Erben der ehemaligen Aufraggeber, die ihre wertvollen Rennpferde und Hunde von Stubbs gemalt wissen wollten.

Am Anfang seiner Karriere sezierte und zeichnete Stubbs tote Pferdekörper, veröffentlichte "The Anatomy of the Horse", das einen neuen Standard in der Visualisierung anatomischer Befunde setzte, danach stieg er rasch zum führenden Tiermaler auf. Er schaffte es mit malerischer Perfektion und handwerklicher Meisterschaft nicht nur, die Modelle naturgetreu darzustellen, er fing auch die Persönlichkeit und das Verhalten der Tiere ein.

Stubbs fertigte einige der schönsten und ausdruckstärksten Hundeporträts seiner Zeit an, darunter das von Turk, einem Hund des Duke von Rutland.

 

George Stubbs, Turk, ein Hund des Duke von Rutland, 1778
Turk, ein Hund des Duke von Rutland, 1778

George Stubbs, Die Familien Milbanke und Melbourne, um 1769

George Stubbs, Der Phaeton des Prinzen von Wales mit dem Kutscher Samuel Thomas,

George Stubbs, The Pointer, 1766

George Stubbs, Viscount Gormanston's White Dog, 1781

 

Ein Folder liefert weitere Details zur Ausstellung: George Stubbs (1724-1806) "Science into Art"

George Stubbs (1724-1806) "Science into Art - Tiermalerei zwischen Wissenschaft und Kunst", 26. Jänner bis 6. Mai 2012 in der Neuen Pinakothek

Die Kataloge zu beiden Ausstellngen: Beauté animale, George Stubbs

 

Katalogcover

Katalogcover

 

Ausstellung, Malerei