Heuer nehme ich erstmalig am Atelier- und Galerienrundgang im dritten Bezirk teil. Vielleicht finden Sie Zeit bei mir vorbeizuschauen! Mein Schauraum befindet sich in der Dapontegasse 7, auf dem Plan mit Nummer 2 gekennzeichnet.
Organisiert wird der Rundgang von der Kleinen Galerie. Auf deren Homepage finden Sie auch weitere Informtionen über die Eröffnung und die geführten Rundgänge mit Bezirksvorsteher-Stellvertreter Arch. DI Rudolf Zabrana.
Diese eigenartig anmutende Fotografie stammt aus der Serie "Boarding House" des amerikanischen Fotografen Roger Ballen. Das Tier in der Nische ist vermutlich ein Schaf und kein Pudel. Trotzdem wollte ich es an den Anfang stellen, gibt es doch schon einen klitzekleinen, vergleichsweise harmlosen Einblick in das verstörende Werk Roger Ballens, der seit über 40 Jahren fotografiert. Um Ihnen einen kurzen Abriss in sein umfassendes Werk geben zu können, möchte ich die Fotografien (mit Hund) chronologisch anordnen: Sieht man so am besten, wie sich Roger Ballen vom dokumentarischen Zugang der Darstellung der verarmten südafrikanischen Weißen zum surrealen Inszenator seelischer Zustände, zum Schöpfer hermetischer ästhetischer Welten entwickelt.
Ballen wurde 1950 in New York geboren, kam durch seine Mutter, die in der New Yorker Magnum-Dependance arbeiete, sehr früh mit der Fotografie in Kontakt. Er studierte allerdings vorerst Psychologie und Geologie. Nach langen Weltreisen blieb er als Geologe in Südafrika, er suchte beruflich nach Mineralvorkommen und kam auch in ganz abgelegene ländliche Gegenden Südafrikas. Erstmals Aufsehen erregte er in den 80er Jahren mit seiner Fotoserie "Dorps. Small towns of South Africa" und nach dem Zusammenbruch des Apartheid-Regimes mit "Platteland: Images of a Rural South Africa" (1994). Er fotografierte die weiße Bevölkerung, Nachfahren der Buren, arm und deklassiert, eine Randerscheinung, und griff damit ein gerne vernachlässigtes Thema auf. Die einstigen Machthaber der Apartheid-Ära fühlten sich in ihrer vermeintlich weißen Überlegenheit verunglimpft. Ihm wurde ebenfalls Ausbeutung und Sozialvoyeurismus, das Fotografieren einer Freak-Show vorgeworfen; in Susan Sontag fand er allerdings eine prominente Fürsprecherin. "Platteland" war für sie "the most important sequence of portraits I've seen in years" (zitiert nach Lens Culture)
Schon mit "Outland" (2001) verlieren seine Bilder den bis dahin vorherrschenden dokumentarischen Charakter. Sowohl sein Erfolg als auch ein gänzlich geänderter Markt für Fotografie ließ ihn einen mehr künstlerischen Weg einschlagen, er wurde ein "artist-photographer". Ab hier weicht die reportageartige Menschendarstellung zugusten einer mehr mystischen, metaphorischen, surrealen Anordnung zurück. Aus klaustrophobischen Innenräumen werden immer mehr die menschlichen "Innenräume" - die Psyche und ihre Abgründe.
2005 erschent seine Serie "Shadow Chamber" als Buch: Zeichnungen, Kritzeleien, ein Art-Brut-Stil nimmt zu, der Mensch erscheint nur mehr fragmentarisch. Der Hund ist hier nicht mehr nur Haustier, sondern Teil einer um Kabel und Drähte, Masken, verschlissene Stoftiere und andere Requisiten erweiterten Inszenierung. Gesteigert wird diese abgeschlossene ästhetische Welt 2009 in "Boarding House". Nicht nur der Mensch, auch das Tier wir immer mehr an den Rand gedrängt und unwichtig - was bleibt sind rätselhafte, verwirrende, bedrohliche, verhängnisvolle Fotografien. Sorge macht sich beim Betrachten breit: Ich möchte nicht in der Haut dieser Hunde stecken. Nur wenig Erleichterung bringt das Wissen um die Inszenierung und Komposition der Aufnahmen.
Das "Boarding House" gibt es übrigens wirklich. Es ist ein altes Lagerhaus nahe Johannesburg, das Menschen und Tieren als Zufluchtsort dient. Gleichzeitig bezeichnet es auch den archaischen Teil der menschlichen Psyche, wie Roger Ballen in einem Interview meint. Er beantwortet auch, weshalb so viele Tiere in seinem Werk vorkommen: "Animals are more complex in some ways; you can’t put your finger on the animal, what he thinks or what he means. Even if you have a dog for 15 years, you can’t quite understand how dogs think."
Bis zum 2. September 2012 sind seine Fotografien im Musée d'Elysée in Lausanne zu sehen, bis zum 5. August 2012 im Martha Herford Museum. Vom 6. bis 25. November 2012 werden Arbeiten in der Kunsthalle/ Wien, im project space ausgestellt sein.
Roger Ballen hat eine hervorragende Homepage, auf der Sie einen umfassenden Einblick in die Bildserien gewinnen können. Sie finden dort nicht nur Links zu Texten und Interviews, Sie können auch ganze Kataloge herunterladen.
Als ich diese sympathischen Hunde das erste Mal auf Dog Milk Today gesehen hatte, vermutete ich, dass sie sehr klein, vielleicht 10 cm oder in der Größe von Schlüsselanhängern seien. Doch es sind bis zu 50 cm große Skulpturen! In Handarbeit hergestellt werden sie von der Britin Holy Smoke, die dazu nur altes Leinen, Nadel und Faden braucht. Jeder Hund hat einen einzigartigen unverwechselbaren Gesichtsausdruck, ich bilde mir sogar ein, mögliche Rassen zu erraten. Da nicht alle Säume "schön" gestaltet sind, gewinnen die Hunde an ihren ausgefrasten Ohren ganz besonders viel Persönlichkeit! Die Texturen sind glatt (Windhunde?) oder grob, einer schaut aus, als hätte er gerade eine Rauferei hinter sich. Jeder ist ein Unikat!
Auf Holy Smokes Homepage können sie noch viele andere Hunde, aber auch Vögel und Vogelnester sehen, über ihren Online-Shop sind auch Grußkarten erhältich.
Der italienische Fotograf Giacomo Brunelli fotografierte in Umbrien für die Serie "The Animals" Hunde, die wie Hunde aussehen und die sich wie Hunde verhalten (die Pferde, Füchse, Katzen, Vögel, Igel, Schlangen und andere Tiere seien hier nur am Rande erwähnt). Wild, energiegeladen und unheimlich wirken ein paar der Hunde, fremd und unbekannt erscheinen sie, sind wir doch den Blick auf autonom agierende Hunde kaum mehr gewohnt. Wie anders ist unser Bild vom (urbanen, domestizierten, gezähmten, vermenschlichten...) Hund, millionenfach fotografisch vermittelt.
Oben mein absolutes Lieblingsfoto, mein Lieblingshund dieser Serie.
Was hier besonders wild und unbändig aussieht, ist nur die Reaktion eines blinden Hundes hinter Maschendrahtzaun, der verunsichert und sich bedroht fühlend auf das Geräusch des Kamera-Verschlusses reagiert. Brunelli schreckt die Tiere auf, bewusst provoziert er deren Emotionen und Wildheit..
On my way back to the car, I stumbled over a dog that started barking at me from behind a wire-mesh fence. It had amazing blue eyes, but I think it was blind because it couldn't look in a straight line; its eyes were crossed. As the dog couldn't see, the noise of the camera shutter was making him crazy – that was why he got so angry. But the noise of the shutter is actually very important to me when I photograph animals: I use it to startle them, and get a reaction.
Brunelli liebte Tiere schon als Kind, ihnen mit der Kamera nahe zu kommen, sie mit dem Objektiv herzuholen und zu fotografieren, war für ihn wie das Berühren der Tiere. Als Erwachsener fährt er 2007 im Auto durch Umbrien und findet die Hunde in Hinterhöfen, Dörfern, auf dem Land.
Für Brunelli, der 1977 in Perugia in Italien geboren wurde und in England lebt, ist die Darstellung von Bewegung ganz wesentlich für seine Bilder, nicht zufällig zählt er Muybridge zu seinen Inspirationsquellen. Vielleicht strahlen manche Hundefotos (z.B. die Hunde in Rückenansicht) auch deswegen eine große Anmut, Ruhe und Würde aus, weil sie wie das bewusste Gegenteil von Bewegung, wie die Abwesenheit von Bewegung wirken.
Der Fotograf schießt seine analogen Schwarz-Weiß-Fotos übrigens mit einer 35mm Miranda-Kamera. Mir sagt das überhaupt nichts, aber Sie können bei Interesse an den technischen Voraussetzungen im Cool Girls Shoot Film-Blog mehr darüber lesen.
Brunellis Serie "The Animals" wurde unter anderem in England, Frankreich und Kambodscha ausgestellt und 2008 auch als Buch veröffentlicht. Mit Vimeo können Sie durch das Buch blättern. Kaufen können Sie es z.B. über Amazon.
Ein Interview mit Giacomo Brunelli zu seinen Tierbildern finden Sie auf youtube.
"Das Zarte kommt besonders in den Zeichnungen zur Geltung, die intensiv aus mir entstehen. Es bedarf eigentlich überhaupt keiner Anstrengung. Diese Zeichnungen sind in mir, es fließt und das ist das, was ich kann", sagt die deutsche Künstlerin Cornelia Schleime 1996 über ihr zeichnerisches Werk in einem Interview. Die Papierarbeiten spiegeln den Prozesscharakter ihrer Arbeit wieder, das Fließende, die Bewegung, das sich Verändernde. Zwei dieser wunderbar zarten Tuschezeichnungen sehen sie unten.
Cornelia Schleime, Jagdgesellen, 2005, Tusche auf Bütten
Für meinen Hasenfreund Martin eine Häsin: Cornelia Schleimes Hasenbraut von 2009
Cornelia Schleime, 1953 in (Ost)Berlin geboren und bis 1984 in der DDR lebend, arbeitet in unterschiedlichen Medien, thematisch und methodisch vielfältig. Das Frühwerk - hunderte Ölbilder, Zeichnungen und Skulpturen - blieb in der DDR und verschwand spurlos. Nach ihrer Ausreise in (West)Berlin angekommen, musste sie auch künstlerisch von Neuem beginnen.
Sie war in der DDR von der Staatssicherheit beobachtet worden, 1992/1993 setzte sie sich künstlerisch und mit viel Ironie mit ihrer Stasiakte auseinander: "Meiner Arbeit Bis auf weitere gute Zusammenarbeit ging die Einsicht meiner Stasiakten voraus. Neben den Berichten, die meinen Ekel gegenüber dem politischen System belegten, trafen mich besonders jene Berichte, die die inoffiziellen Mitarbeiter über meine Intimsphäre angefertigt hatten. Als ich diese las, hatte ich das Gefühl, man hätte mir die Vergangenheit gestohlen. Ich begann meine Arbeit, einer Fotoinszenierung mit Selbstauslöser, bei der ich die beschriebenen Situationen nachstellte und überhöhte." (nachzulesen in den Statements auf Cornelia Schleimes Homepage)
Ab den 1990er Jahren wendet sie sich vermehrt der Malerei zu. In Bildserien geht sie den Themen Jagd (In der Meute liegt die Beute, 2005) und Porträt nach, malt sie Nonnen und Päpste. Für ihre großformatigen Arbeiten verwendet sie Acryl, Schellack und Asphaltlack auf Leinwand.
Cornelia Schleime, Zuckerbrot und Peitsche, 1996
Acryl, Schellack, Asphaltlack auf Leinen
Ich möchte Ihnen eine inzwischen zehn Jahre alte Fotoserie von Alec Soth vorstellen, die in Ihrer Schlichtheit, blassen Farbigkeit und stillen Einsamkeit zeitlos wirkt: Dog Days, Bogotá.
Der amerikanische Fotograf (1969 in Minneapolis geboren) verbrachte 2002 zwei Monate in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá, da er und seine Frau dort ein kleines Mädchen adoptieren wollten. Die leibliche Mutter gab den neuen Eltern ein Buch mit Briefen, Bildern und Gedichten für deren zukünftige Tochter mit. "I hope that the hardness of the world will not hurt your sensitivity. When I think about you I hope that your life is full of beautiful things", schrieb sie.
Der Adoptionsvorgang dauerte länger als geplant, weshalb Soth die Heimatstadt seiner Tochter zu fotografieren begann. Er wollte seine visuellen Eindrücke der Stadt für Carmen festhalten. 2007 erschienen die Fotos dann in einem Buch für die Öffentlichkeit, 2008 folgte deren Ausstellung in Europa.
Die Abfolge der Fotos hat etwas von einem Pilgerweg an sich, viele Fotos entstanden auf dem Cerro de Monserrate, der von Gläubigen erstiegen wird. Menschen, Innenräume, Stillleben, Landschaften, nicht zuletzt Hunde wechseln einander in loser Folge ab. Erkennbar wird diese Abfolge allerdings nur, wenn man alle 65 Bilder ansieht. Ich habe die Hundefotos herausgenommen, ergänzt durch wenige andere Aufnahmen. Im erzählerischen Sinn ist die verkürzte Auswahl natürlich nicht aussagekräftig.
Soth wollte die Schönheit Bogotás sichtbar machen; die Schönheit gewinnen die Fotos allerdings nicht nur durch das Motiv, sondern durch die formale Strenge der Komposition: Soth macht keine Schnappschüsse. Die Komposition und mangelnde Buntheit bewahrt ihn auch vor Sozialkitsch und -romantik.
In einem Interview geht Soth auch auf die Rolle der Hunde ein, die einen nicht unwesentlichen Teil der vollständigen Serie ausmachen. Er fotografierte sie anstelle der Straßenkinder, die das Bild von Bogota mitbestimmen. In der angespannten Stimmung seiner außergewöhnlichen Lebenssituation - das Warten auf die Adoption - fühlte er sich unwohl beim Gedanken die Kinder zu fotografieren, zumal er sie nicht als Individuen, sondern bloß als Teil einer Gruppe wahrnahm. Die Hunde, deren Unterschiede viel sichtbarer waren, stehen demnach an Stelle der Kinder, sie stehen für eine Idee. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich bei den Fotografien der streunenden Hunde so viel Feingefühl verspüre und so wenig Voyeurismus merke.
Soth wurde durch zwei Fotoserien berühmt: "Sleeping by the Mississippi", für die er zwischen 1999 und 2004 mehrere Autoreisen entlang des Mississippi unternommen hatte, und "Niagara", bei der er das Lieblingsziel amerikanischer Hochzeitsreisender zwischen Romantik und Illusionn changierend darstellt. "I am exploring my own interests", sagt er zu seinen Serien, um klarzustellen, dass er keine dokumentarischen Absichten hat. Dies gilt noch mehr für "Dog Days, Bogotá", das keine Dokumentation über Bogotá ist, sondern seinen vorerst privaten Interessen folgt: Alles war von der kommenden Adoption erfüllt, sodass er keinen klaren Blick auf die Dinge hatte.
Soths Arbeiten befinden sich in den Sammlungen zahlreicher großer Museen. Er ist Mitglied der Fotoagentur Magnum Photos.
Ich habe etwas anderes gesucht, doch dann ist in der Bücherei mein Blick auf ein Buchcover gefalllen, das mich sofort berührt hat, noch dazu mit dem Titel "Träume von Glück": Ein Mann und sein Hund ruhen sich an einer Gartenmauer aus, versonnen, verträumt der Blick, eins mit sich und dem anderen.
Das Buch - ein Manga, das ist ein japanisches Comics - versammelt mehrere Erzählungen, die erste heißt ganz lapidar: "Einen Hund besitzen" (Viel schöner der englische Titel: "Raising a Dog"). Wie zugeschnitten auf mein Leben scheint die Geschichte zu sein, berichtet sie doch vom Leben mit einem alten Hund, der langsam an Kraft verliert, kaum mehr laufen kann, gebrechlich und inkontinent wird, sich wundliegt und doch nicht "gehen" kann, mit dem ihm verbliebenem Willen hängt er am Leben.
Das Paar pflegt ihn monatelang bis zu seinem Tod, wobei Taniguchi die Belastung, die das darstellt, nicht ausspart. Kaum auszuhalten sind die Nächte ohne Schlaf, ist das Miterleben seines Dahinsiechens für die beiden.
Tränen fließen: im Buch, beim Lesen und jetzt wieder beim Schreiben. Taniguchi zeigt in Rückblenden unbeschwerte Momente, glückliche Jahre. Die Erzählung ist durchdrungen von der Liebe zu einem Hund, mit dem man 15 Jahre seines Lebens verbracht hat. "Im Leben und im Sterben macht es keinen Unterschied, ob Mensch oder Hund", lässt Taniguchi seinen menschlichen Protagonisten sagen. Richtig. Das versteht allerdings nur der, der mit Hund lebt.
Taniguchis Erzählung ist autobiografisch: Er erzählt im Nachwort, dass er sich schon als Kind einen Hund gewünscht hatte, dass ihn alleine die Vorstellung mit einem Hund zusammenzuleben mit Freude erfüllte, er sich allerdings nie Gedanken gemacht hatte, wie es sein würde, sich um einen alten und kranken Hund zu kümmern. Als sein Hund mit 15 Jahren starb, wollte er sein Leben und Sterben in einem Manga festhalten. Beim Zeichnen der Kurzgeschichte 1992 spürte er noch die Anwesenheit des verstorbenen Hundes.
Auch wenn Sie sonst keine Comics, Mangas, Graphic Novels lesen - für diese Geschichte sollten Sie eine Ausnahme machen. Der Alltäglichkeit der Verrichtungen (Urin wegwischen, Fell waschen) wohnt alle Menschlichkeit inne.
Für das Buchcover habe ich mein Bücherei-Exemplar eingescant, die Abbildungen der englischen Ausgabe sind von anymanga.
675 Landschaftsbilder, 583 Tierdarstellungen und 4 Porträts hat der Wiener Maler Carl Reichert (1836 bis 1918) angefertigt, trotzdem war er mir bis letzte Woche unbekannt.
583 Tierdarstellungen! Und ich kann Ihnen nur ein kleine typische Auswahl zeigen. Reichert zählt zu den gesuchtesten österreichischen Tiermalern des 19. Jahrhunderts. Er spezialisierte sich auf detailliert gemalte, oft humorvolle Darstellungen von Haustieren, insbesondere von Hunden und Katzen.
Warum muss ich nur an Martin Eder denken?
An den ersten beiden Bildern erkennt man schon die Bandbreite der Hundedarstellungen von Carl Reichert. Vom sehr kitschigen Motiv des Kätzchenkorbs bis zum ganz seriösen Hundebildnis vor atmosphärisch angelegten Hügeln.
Für viele Hunde des 19. Jahrhunderts bestand das Leben auch in unseren Breiten nicht aus Spiel, sondern Arbeit. Gang und gäbe war das Ziehen der Leiterwagerl.
Sehr bekannt wurde er auch durch seine Illustrationen.
Reichert begann als Landschafts- und Vedutenmaler, so unternahm er von 1855–1860 ausgedehnte Wanderungen durch die Steiermark und schuf zahlreiche Ansichten von steirischen Burgen und Schlössern. Um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, war er als Hauslehrer bei adeligen Familien tätig. Der Bitte des Grafen Hügel (1835–1897) auf Schloss Rheinthal nachgebend, porträtierte er dessen beiden Vorstehhunde, woraufhin ihn Fürstin Klaudine Teck dem Kaiserhof weiterempfahl. Vom Landschafts- und Architekturmaler entwickelte er sich immer mehr zum Tiermaler und fertigte Hunde- und Pferdeporträts an, die sehr gefragt waren. Dabei verwendete er unter anderem das Pseudonym J. Hartung. 1873 nahm er an der Wiener Weltausstellung teil und zeigte dort vier Hundebilder (Rattler, Foxterrier, Bulldogge und Bullterrier).
Vielleicht kam der Anstoß zum Tieremalen von außen, doch zweifellos muss Reichert die Tiere geliebt haben, sonst hätte er sie nicht so individuell darstellen können. Jedes Hundeaugenpaar erzählt eine Geschichte.
Meine Mutter "beklagt" sich manchmal, dass in meinem Blog so wenige Schnauzer vorkommen. Zur Erklärung: Ihre Hundeliebe hieß Arrak vom Roseggerhaus und war ein schwarzer Mittelschnauzer. Deshalb als virtueller Muttertagsgruß "Butch", der Schnauzer. Justine Osborne sei Dank!.
Justine Osborne, "Butch", Schnauzer
Justine Osborne, "Butch", Schnauzer, Nase
Osborne, die einen modernen, frischen Zugang zu dem traditionellen Genre der Tiermalerei findet, schloss 1998 am Londoner Central Saint Martins College of Art ihr Studium ab. Inzwischen lebt sie aber – nicht zuletzt wegen ihrer Hunde – im ländlichen Gloucestershire. Seit über zehn Jahren beschäftigt sie sich professionell mit dem Malen von Hunden und kann dem immer wieder neue Facetten abgewinnen. Vor allem die Lebenslust und Ausgelasseneheit der Tiere motiviert sie und lässt das Arbeiten an nur einer malerischen Gattung nie langweilig werden.
Osborne stellt die Schönheit der einzelnen Rassen dar und hält gleichzeitig die Individualität der Hunde fest. Vom Alaskischen Malamut bis zum West Highland White reicht das Spektrum der Porträtierten.
Stilistisch fällt der Gegensatz zwischen den einfärbigen, sehr glatt gemalten Hintergründen und den mit energischem Pinselstrich angelegten Hunden auf. Nichts soll von den Hunden ablenken, kein weiteres Accessoire ist notwendig, um die Komposition zu vervollständigen. Auch die Hundehalter haben auf den Bildern nichts verloren.
Mir gefällt der stämmige Billy ganz besonders. Das gedämpfte Graugrün des Hintergrundes ist typisch für die Region - Cotswolds - in der Justine Osborne lebt, die Türen und Fensterrahmen sind dort so gestrichen.
Und noch ein Schnauzer!
In der Nahaufnahme sehen Sie, wie Justine "pfeffer-salz" malt, der Ausschnitt sieht wie ein eigenständiges informelles Werk aus. Das Fell ist gestisch gemalt, die Oberläche stark strukturiert. Kein Wunder, nennt sie neben dem traditionellen Hundemaler George Stubbs und dem leidenschaftlichen Dackelmaler David Hockney doch Jenny Saville als Inspirationsquelle.
Und noch ein Zwergschnauzer!
Aus jedem Bild spricht die Liebe zum Hund: Er begleitet uns in schweren Zeiten durchs Leben. Seine Bescheidenheit im Zusammenleben mit uns Menschen hilft, den Blick für das Wesentliche nicht zu verlieren, meint Justine Osborne. Da hat sie wahrlich recht!
Auf ihrem Blog beschreibt sie immer die zuletzt gemalten Hunde, auf ihrer Homepage finden Sie einen ausführlichen Blick auf die unterschiedlichsten Rassen.
Bereits 2010 hat der 1974 in Belgien geborene Künstler Stephan Balleux bei seiner Ausstellung "Sui Generis" in Brüssel dieses Aquarell "Center" gezeigt, ich finde es allerdings so bemerkenswert, dass ich es Ihnen nicht vorenthalten will. Groß- und einzigartig auch innerhalb seines Werks, das sehr düster und kryptisch erscheint.
Auf vielen seiner Bilder treibt sich eine Art Wolke herum, eine fremde Kreatur, die in die Bilder und die dargestellten Personen eindringt. Balleux beschreibt die Malerei selbst als etwas Mysteriöses, Unverständliches. Seine Bilder thematisieren demnach die Malerei selbst, porträtieren sie als als organische Lebensform, die mit unserer Welt interagiert.
Ausstellungsansicht "Sui Generis", 2010
Was diese seltsame Welt mit den Hunden zu tun hat, bleibt mir verborgen. Ein tolles Aquarell, ein interessanter Künstler allemal.