21. April 2016 - 13:10

© Nate Frizzell

 

Wie so viele andere Künstler und Künstlerinnen seiner Generation beschäftigt sich Nate Frizzell mit den Gemeinsamkeiten und dem Trennenden von Tier und Mensch. Aus seinen Bildern spricht die Sehnsucht nach einer Verbindung - nicht ohne an der Grenze zum Kitsch zu schrammen -, die vermutlich nicht nur meine sentimentale Ader anspricht.

In seinen (foto)realistisch gemalten figurativen Bildern spricht der Künstler - er kommt von der Illustration her - besonders zwei Themenstellungen an: Das menschliche Verstecken hinter Masken und das Erwachsenwerden mit seiner beschwerlichen Selbstfindung.

 

© Nate Frizzell

© Nate Frizzell

© Nate Frizzell

 

Masken tauchen in seinen Gemälden, die Tiere und Menschen in unterschiedlichsten emotionalen Settings darstellen, immer wieder auf. Skeptisch beäugen die Wölfe den Menschen mit der Wolfsmaske; begleiten sie das maskierte laufende Kind; bedrohen sie, den schutzlosen, weil unmaskierten Menschen etc.

Im Alltag tragen wir alle Masken und spielen Rollen, verstecken wir uns hinter Spitznamen in den sozialen Medien, passen wir unsere Kommunikation dem Gegenüber an. Die Masken in der Malerei verdeutlichen unsere inneren Wünsche und Sehnsüchte, den Wunsch die Fähigkeiten und den Charakter der Maske anzunehmen. Wollen wir nicht alle manchmal Wolf sein -  wild und unabhängig?

Die letzte Frage kreist auch um den Bereich der Selbstfindung: Wer bin ich, wer möchte ich sein? Werde ich eine Maske - im übertragenen Sinn - aufsetzen oder ablegen?

 

Dark was the night © Nate Frizzell

© Nate Frizell

 

In seinen Szenarien bewegen sich der "urbane" Mensch (seine Accessoires sind Kapuzenjacke, Sneakers, Rucksack) und  das "wilde" Tier durch eine meist winterliche oder dunkle Landschaft. Frizzell erzählt surreal angehauchte und emotional aufgeladene Geschichten von Kindern und Jugendlichen auf der Suche nach ihrer Identität. Dabei sind seine adoleszenten Protagonisten sympathisch und integer in ihrem Bemühen den Tieren nahe zu kommen, das Trennende zu überwinden.

 

I should know... © Nate Frizzell

I should know... © Nate Frizell

 

Zum Abschluss noch eine Kohlezeichnung: Der Mensch ist abwesend, nur eine Maske bleibt zurück.

 

© Nate Frizzell

 

Nate Frizzell (*1984) studierte am  Otis College of Art and Design und lebt und arbeitet in Los Angeles.

 

Malerei, Zeichnung
14. April 2016 - 20:46

Sehen Sie auch Hunde, wenn Sie in den Himmel schauen? Dann sind wir schon drei! Denn auch die deutsche Künstlerin Vera Kattler entdeckt unsere vierbeinigen Gefährten in den Wolkenformationen. In der Serie "In den Wolken seh ich immer Hunde", die Kohlezeichnungen, Arbeiten in Öl auf Leinwand und Öl auf Schießscheiben umfasst, setzt sie das Gesehene und Erkannte künstlerisch um.

Vera Kattlers Tierdarstellungen sind nicht naturalistisch oder das Äußere abbildend, in ihnen sieht man vielmehr die Suche nach dem universell Animalischen und dem Wesen des Tieres. Trotzdem sind besonders bei den Hundeporträts sehr wohl Individuen mit ganz speziellen Charakterzügen und Befindlichkeiten zu erkennen.

 

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

 

Die Hunde - eigentlich deren Köpfe - sind aus der Fläche herausgearbeitet, die teilweise zu schwarzen Stellen verdichtet ist, sodass sie plastisch und körperhaft wirken. Die Materialeigenschaft der Kohle erzeugt unmittelbar die Anmutung von Fell.

Ganz sparsam setzt Vera Kattler die Linie bei den Augen und den Schnauzen ein, gestaltet sie ausdrucksstarke Ohren. Manche Hunde scheinen nicht nur aus dem Bild herauszublicken, sondern auch herauszuhorchen. Sie schauen verträumt, unsicher, unendlich traurig, lachen verschmitzt. Ihrer spürbaren Präsenz wohnt eine Unergründlichkeit und Einsamkeit inne (zu groß sind deren Unterschiede auch innerhalb ihrer Spezies).

Alle würde ich gerne kennenlernen und ihre Geschichte erfahren, manche trösten und beschützen.

 

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

in den wolken seh ich immer hunde © Vera Kattler

 

Obwohl die Künstlerin diese Serie als "Gratwanderung zwischen Kitsch und Grauen" bezeichnet, sehe ich nichts Kitschiges (auch nichts Grauenhaftes). Zu unerwartet, erfrischend neu und rätselhaft präsentieren sich die originellen Porträts - hier ist nichts Klischee! Die Köpfe nehmen den ganzen Bildraum ein, scheinen teilweise aus ihm heraus- und zu uns hinzudrängen. Obwohl die Zeichnungen stark abstrahiert sind, haben wir es hier wahrlich mit einer Ansammlung von Charakterköpfen zu tun!

Neben der intuitiven Erfassung der Wesen soll allerdings nicht vergessen werden, dass auch der Prozess des Zeichnens thematisiert wird.

Sie können online durch Vera Kattlers Kunstprojekt "In den Wolken seh ich immer Hunde" blättern.

Eines meiner Lieblingsbilder möchte ich Ihnen noch zeigen, Vera Kattler hat es schon 2004 gemalt. Dieser eigenartige Kerl berührt mich ganz besonders: Ist er einohrig oder gehört die schwarze Fläche gar nicht zu ihm? Ist es ein Vogelkopf, der in einem langen Hals seine Fortsetzung fände? Gehört er zu einer exotischen Schweineart? Schwarze Augen untersuchen mich. Das Fremde sieht mich an und es ist liebenswert!

 

Vera Kattler, ohne Titel, 2004, Öl auf Baumwolle, 120 x 110 cm. Foto: Vera Kattl

 

Ganz besonders zu diesem Bild passt auch Vera Kattlers Betrachtung über das Fremde in den Bildern:

Bei meinen Bildern geht es mir nicht darum ein Schaf, eine Kuh oder einen einen Elefanten wiederzugeben, sondern um die Darstellung des Tierhaften, des Fremden. Zum Teil sind die Bilder mit den Fingern gemalt. Dies erlaubt mir einen direkteren und unmittelbareren Zugang zu ihnen als das Arbeiten mit dem Pinsel. Es sind meist Portraits und man hat Blickkontakt mit dem Tier. Dies vermittelt den Eindruck einer Unmittelbarkeit die den Betrachter im ersten Moment vielleicht zurückschrecken lässt. Es geht um die Präsens des Anderen, um das spürbare Dasein des Einzelwesens dessen Identität nicht klar zu bestimmen ist. Darüber wen oder was wir hier vor uns haben, ob es uns freundlich gesonnen ist oder uns gar feindselig gegenübersteht gibt es keine Klarheit. Ein wenig Unbehagen schleicht sich über die Unergründlichkeit des Blickes der dargestellten Tierwesen in die Bilder ein. Es geht mir um etwas, das nicht immer in Worte zu fassen ist sondern intuitiv über die Bildsprache wahrgenommen wird. Es kommt zu einer Begegnung mit dem Fremden.

 

Schauen Sie sich ihren Blog an und tauchen sie ein in ihr tierisches Universum, es gibt da so viel zu entdecken!

 

Zeichnung
28. März 2016 - 9:30

 

Einladung Kunstraum Neureut Der will nur spielen

 

Sehr gerne möchte ich Ihnen die Ausstellung "Der will nur spielen - Der Hund in der aktuellen Kunst" im Kunstraum Neureut in Karlsruhe empfehlen. Sie ist von Jens Andres kuratiert und zeigt zehn Künstlerinnen und Künstler, die auf individuelle Weise Hunde in ihrer Kunst darstellen, das Hundemotiv mit seinen vielfältigen Konnotationen in ganz unterschiedlichen Medien einsetzen.

 

Veronika Olma, Du, komm trink mit mir, 2011-2013, Tempera auf Leinwand, 150x200
Veronika Olma, Du, komm trink mit mir, 2011-2013,
Tempera auf Leinwand, 150x200 cm

 

Von Veronika Olma können Sie nicht nur Temperamalerei sehen (wie auch hier im Blog), sondern GPS-Zeichnungen, mit denen sie eine Möglichkeit gefunden hat, Kunst und Leben ineinander überzuführen. Wie beneidenswert! Aus Zeitmangel ist es für mich ja oft eine Entscheidung einen Blogbeitrag zu schreiben, zu malen oder mit meinem Hund Hedy spazieren zu gehen. Ich entscheide mich fast immer für Hedy. Großartig, wenn Veronika diese Entscheidung gar nicht treffen muss.

Veronika Olma nimmt den Wunsch des Menschen, auf der Erde Spuren zu hinterlassen, ganz wörtlich. Per Smartphone und einer "Wander-App" stellt sie GPS-(Auf-)Zeichnungen her. Geführt bzw. begleitet wird Veronika Olma dabei von ihrem Hund Bazi. Die GPS-drawings sind somit virtuelles Ergebnis eines symbiotischen Künstlerduos.

 

Veronika Olma,walk a dog 005
Veronika Olma, walk a dog 005, 2015, GPS-Zeichnung

 

Das Podest, auf das ich Hunde stellen möchte, kann gar nicht hoch genug sein!

 

Annett Bienhaus, Nach Hause schwimmen, 2013, Öl auf Leinwand, 200 x 120 cm
Annett Bienhaus, Nach Hause schwimmen, 2013, Öl auf Leinwand, 200 x 120 cm

 

Am besten so hoch wie das, auf dem der Pointer in Annett Bierhaus' kunstvoll inszeniertem Hundeporträt steht: irgendwo angesiedelt zwischen surrealen Säulen und Brancusis Versuch zur Unendlichkeit! Der präzise und streng ausgearbeitete Hund steht dem Betrachter als geheimnisvoller Partner gegenüber. Schwermütig und frontal blickt er aus dem Bild und zieht uns in das Bild. Die akkurate Malweise des Hundes und die in ihrer Farbigkeit eingeschränkten Requisiten verhindern ein Abgleiten in Sentimentalität und Trivialität.

 

Vera Kattler

 

Von Vera Kattler kannte ich nur ihre Affen-Bilder. Wie schön, dass ich jetzt auch ihren Hunden begegnen darf, dass sie mit den Hunden auch Eingang in die Ausstellung und meinen Blog findet. Wobei: Affe, Ratte, Krähe oder Hund sind eigentlich einerlei, geht es ihr doch nicht um die Abbildung eines Tieres, sondern um die Darstellung des Fremden, die Präsenz des anderen.

 

Vera Kattler

Vera Kattler

 

Weiters können Sie in der Ausstellung Arbeiten sehen von: Thomas Putze, Jens Andres (der auch als Kurator fungiert), Imi Knoebel, Ottmar Hörl, Igor Oleinikov, Patricia Waller und Andreas Welzenbach.

Die Ausstellung wird am Donnerstag, dem 31. März.2016, um 19 Uhr eröffnet. Die Einführung gestaltet Jens Andreas. Zu sehen sind die Exponate im Kunstraum Neureut e.V. in Karlsruhe bis zum 17. April 2016 jeweils Freitag von 17-19 Uhr sowie Samstag/Sonntag von 14-17 Uhr.

 

Einladung Kunstraum Neureut Der will nur spielen

 

 

Ausstellung, Malerei, Skulptur, Zeichnung
24. März 2016 - 15:10

Obwohl ich schon sehr oft im Wiener Belvedere war, gibt es immer noch Neues zu entdecken. Zum Beispiel diesen Hund mit Begleiterin in einer Nische der Marmorgalerie des Unteren Belvedere. Die Skulptur stammt vom Barockbildhauer Domenico Parodi.

Dieser zärtliche, liebevolle Blick zwischen Mensch und Tier, die sanfte Berührung hinter dem Ohr, das Festhalten auf dem weiblichen Oberschenkel! Ich habe die Skulptur nur schnell mit meinem Handy fotografiert, trotzdem kann man die barocke Bewegtheit (des Tuches) und die ganz feine Bearbeitung des Marmors (bei den Pfoten) erkennen. Hier hat es sich wirklich gelohnt einen zweiten Blick auf vermeintlich Bekanntes zu wagen.

 

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Skulptur von Domenico Parodi, Foto © Petra Hartl

Marmorgalerie im Unteren Belvedere, Foto © Petra Hartl

 

Ins Untere Belvedere gelockt hat mich übrigens die Ausstellung "Formkunst". Obwohl sie ohne jegliche Hundebeteiligung stattfindet, kann ich sie vorbehaltlos empfehlen. Sie hat zwar einen reißerischen Titel -  Klimt, Kupka, Picasso und andere. Formkunst - , der mit bekannten Namen natürlich auch Wien-BesucherInnen erreichen will, lässt aber viel Raum für Entdeckungen avantgardistischer tschechischer und ungarischer KünstlerInnen. Die Ausstellung geht noch bis 19. Juni 2016 den Grundlagen ungegenständlicher und gegenständlicher Kunst im Kulturraum der Donaumonarchie nach. Großartige, von mir noch nie gesehene Kupkas haben mich ebenso überrascht wie tschechisches und Wiener Kinderspielzeug begeistert.

Ein Beispiel eines Löwen von Ladislav Sutnar sehen Sie unten. Der tschechische Designer entwarf ab 1925 einfaches, billiges und sehr schönes Holzspielzeug. Ist die Mähne nicht atemberaubend gelöst?

 

Ladislav Sutnar, Löwe, um 1930
Ladislav Sutnar, Löwe, um 1930 (aus dem Katalog abfotografiert)

 

Ausstellung, Skulptur
11. März 2016 - 17:39

Zwei Augenpaare taxieren uns, blicken uns kühl und distanziert aus dem Bild heraus an. Als Betrachterin und Betrachter geraten wir selbst ins Blickfeld des Hundes und seiner stolzen und selbstbewussten Besitzerin. Nicht nur die Unbekannte, auch der Hund scheint von einer schwer fassbaren Melancholie durchdrungen, er scheint ihre Gefühlswelt wiederzuspiegeln.

 

Agnolo Bronzino, Bildnis einer Dame in Rot, um 1533, Foto Städel Museum – ARTOTH
Agnolo Bronzino (1503–1572), Bildnis einer Dame in Rot (Francesca Salviati?), um 1533
Öl auf Pappelholz, 89,8 x 70,5 cm, Städel Museum, Frankfurt am Main
Foto: Städel Museum – ARTOTHEK

 

Dieses "Bildnis einer Dame in Rot", das der dreißigjährige Agnolo Bronzino 1533 gemalt hat, bildet den Ausgangspunkt der Ausstellung "Maniera. Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici", die noch bis zum 5. Juni 2016 im Städel Museum in Frankfurt am Main zu sehen ist.

Bronzino hat mit diesem Porträt einer jungen Dame, die den Diamantring der Medici an ihrer rechten Hand trägt, das monumentale repräsentative Damenbildnis als neue Gattung in die Kunst eingeführt.

 

Ich nenne das repräsentative monumentale Damenbildnisse. Damen, die sich in einer Weise darstellen lassen, wie sie vorher nicht üblich war, im großen Format, als Dreiviertelfigur, in üppigen Gewändern, vor allem mit diesen Puffärmeln, die diesen Figuren so ein luftiges Volumen und eine Gravität geben ohne wirklich schwer zu sein, mit einem Schoßhündchen als it piece artiges Acessoire, wie man heute vielleicht sagen würde, ein Spaniel, den diese Dame mit sich führt.  (Kurator Sebastian Eclercy, Zitat von hier)

 

Der Blick der jungen Florentinerin hält uns auf Distanz, der quer zum Betrachter stehende Sessel vergrößert den Abstand zur sitzenden Schönheit. Seine Lehne mit dem daraufliegenden Unterarm bildet die Basis einer gleichseitigen Dreieckskomposition. Die Rundnische wiederum schafft einen ruhigen Hintergrund rund um Gesicht und Oberkörper. Wie ein Fotograf nutzt der Künstler dabei das Streulicht der Nische wie der Bluse, um die Schattenpartien des Gesichtes sensibel aufzuhellen. (vgl. Städel Museum hier)

Auch ohne ihre Attribute erkennen wir an der würdevollen Haltung: Das ist eine Dame der Oberschicht. Neben dem kostbaren Kleid und dem Schmuck weisen Bücher, Gebetskette und nicht zuletzt ihr Hund auf ihren herausragenden gesellschaftlichen Rang, auf Bildung, Frömmigkeit und Sittsamkeit hin.

Ausgehend von diesem Glanzstück aristokratischer Porträtkunst spürt ein Teil der Ausstellung der Entstehung dieses neuen Bildtypus des Damenbildnisses anhand eng verwandter Frauenporträts nach.

Der Florentiner Manierismus wird als ein zentrales Kapitel der italienischen Kunstgeschichte durch 120 bedeutende Leihgaben vorgestellt. Zu sehen sind Werke unter anderem von Jacopo Pontormo, Agnolo Bronzino, Andrea del Sarto, Rosso Fiorentino und Giorgio Vasari. Insgesamt 50 Gemälde sowie 81 Zeichnungen, Skulpturen und Exponate weiterer Gattungen bieten eine außerhalb von Florenz noch nie dagewesene Übersicht zu einer stilprägenden Epoche, die der Kunstgeschichtsschreiber Vasari mit dem schillernden Begriff "maniera" charakterisiert hat.

Zur Ausstellung erscheint im Prestel Verlag ein umfassender, von Bastian Eclercy herausgegebener Katalog mit einem Vorwort von Max Hollein. ISBN: 978-3-7913-5505-4

 

Katalog Cover

 

 

Ausstellung, Malerei
6. März 2016 - 10:10

Da ich zur Zeit an mehreren schwierigen Blogbeiträgen arbeite und es noch einige Zeit dauern wird, bis ich damit auf einen grünen Zweig komme, wollte ich etwas Einfaches vorziehen, um ein halbwegs regelmäßiges Veröffentlichen sicherzustellen.

Ausgangspunkt für dieses "Einfache" war das Foto unten, über das ich im Internet gestolpert bin.

 

Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012 © Peter Coffin, Photo Cathy Carver
Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012, mixed media, Courtesy of the artist and
Mugrabi Collection © Peter Coffin, Photo: Cathy Carver

 

Doch auch die Recherche zu diesem Werk gestaltete sich schwieriger als erwartet; der Künstler, Peter Coffin, stellte sich als Konzeptkünstler heraus. Coffin selbst sieht sich jedoch als Ideen-Künstler, sein Werk bezeichnet er als Ideen-Kunst ("idea art"). Da er von seinen Ideen ausgeht und überlegt, wie er sie in Werken materialisieren und in Ausstellungen umsetzen kann, sehen seine Arbeiten auch alle sehr unterschiedlich aus. Es gibt keine einheitliche "Handschrift" oder einen Stil, der für ihn - er ist kein Formalist - typisch wäre. Ein Blick auf seine Homepage genügt, um zu sehen, dass die Sammlung seiner Werke ein bisschen wie ein Sammelsurium aussieht.

 

Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012 © Peter Coffin, Photo Cathy Carver
Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012, mixed media, Courtesy of the artist and
Mugrabi Collection © Peter Coffin, Photo: Cathy Carver
 

Die Dogge "Untitled (Dog)" zeigte er 2013 in der Ausstellung "Peter Coffin: Here and There" im Hirshhorn Museum and Sculpture Garden in Washington/USA. Die Plastik fertigte ein Tierpräparator an, der eine Armierung mit Ponyfell überzogen hatte. Sie hatte die Größe eines kleinen Pferdes und schien - durch verdeckte Stifte gehalten - ein paar Zentimeter über dem Boden zu schweben (achten Sie auf den Schatten). Coffins Hundeplastik kombiniert eine vertraute Form mit einem ungewohnten Maßstab und transformiert das Bekannte in etwas Außergewöhnliches. Die Wirkung auf die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung war immens, unzählige zückten die Handys und ließen sich mit der Riesendogge fotografieren. Die Galerie hatte auch dazu angeregt, die Fotos auf eine Foto-Sharing-Website hochzuladen.

 

Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012

Peter Coffin, Untitled (Dog), 2012

 

Peter Coffin (*1972) wuchs in Berkeley/Kalifornien auf, das während der der McCarthy-Ära Ort der linksradikalen Politik und in den 1970er Jahre Zentrum der Hippie-Bewegung war. Die Stadt war von Ideen des New Age ebenso geprägt wie von den Schriften des Begründers der Analytischen Psychologie C.G.Jung. Dementsprechend ist Peter Coffins konzeptionelle Arbeit durch Träume, Mythologien, Religion und Philosophie inspiriert.

Coffins Projekte beschäftigen sich mit Pflanzenkommunikation, Aurafotografie (mit einer speziellen Kamera) und der spirituellen Kraft von Kreisen. Er ordnet Bilder von Regenbögen spiralförmig an (Coffin ist der Neffe von Robert Smithson - Ja! "Spiral Jetty"! Land Art!) und entwirft Hosen für Bäume. Trotzdem wäre es zu kurz gegriffen ihn als eine Art Mystiker zu bezeichnen. Seine Beschäftigung mit Überzeugungen und Praktiken des New Age, sein Interesse an Physik und Kunstgeschichte ist von Neugier, aber auch Zweifel getragen.

 

Peter Coffin, Untitled © Peter Coffin

Peter Coffin, Untitled (Tree Pants)
Peter Coffin, Untitled (Tree Pants), Foto von hier

 

Sein Werk bewegt sich zwischen Kunst und Wissenschaft, zwischen Fakten und Fiktionen, verknüpft empirische und esoterische Weltdeutungen. Niemals kommt Coffin zu eindeutigen Ergebnissen, Zweifel und Zweideutigkeiten bleiben erhalten. Die Interpretation der Werke gehört dem Betrachter, der Betrachterin, er möchte sie höchstens lenken, aber nicht bestimmen.

Er arbeitet viel mit Licht, Geräusch, Geruch, um alle Sinne anzusprechen und unsere Wahrnehmung herauszufordern. Deshalb ist es für mich auch unmöglich, sein Werk bloß über Fotos zu erfassen und zu beurteilen.

Der Wolf auf dem Fahrrad war Coffins Beitrag zu der Gruppenausstellung "Joyride" in der Marlborough Broome Street, die 2014 dem Fahrrad huldigte.

 

Peter Coffin, wolfcycle, 2006
Peter Coffin, wolfcycle, 2006, Foto von hier

Installationsansicht Ausstellung Joyride 2014, Foto Bill Orcutt
Installationsansicht Ausstellung Joyride in der Galerie Marlborough Broome Street,
NY, 2014, Foto: Bill Orcutt

 

Sollte Ihr Interesse geweckt sein, empfehle ich Ihnen ein ein Interview mit dem Künstler auf Art Observed von 2012.

Peter Coffin stellt international aus. Er lebt in New York.

 

Fotografie, Installation, Skulptur
27. Februar 2016 - 9:58

Schaut dieser Pudel mit seiner spitzen Schnauze und vornehmen Decke nicht ganz entzückend aus?

Das Bild von Kees van Dongen gefiel mir so sehr, dass ich mich gleich auf die Internet-Suche nach weiteren Hunde-Gemälden des französischen Malers niederländischer Herkunft machte. Unten sehen sie meine "Ausbeute".

 

© Kees van Dongen

Le petit chien, Tootsie © Kees van Dongen

 

Der Hund war bei Kees van Dongen (1877-1968) lediglich Accessoire bei seinen zahlreichen Frauenporträts, die er ab den 1920er Jahren malte. Vorerst standen ihm Sängerinnen und Tänzerinnen Modell, später wurde er zu einem gefragten Porträtisten prominenter Frauen der französischen Oberschicht.

 

Parisienne (Woman with a dog) © Kees van Dongen

Portrait de Madame van der Velde © Kees van Dongen

Portrait de Ms Jean McKelvie Sclater-Booth, 1920 © Kees van Dongen

L'elgante au chapeau, um 1930 © Kees van Dongen

La dame au chien, um 1920 © Kees van Dongen

Bather and her dog in the waves © Kees van Dongen

La vasque fleurie, um 1917 © Kees van Dongen

Woman with a dog walking on the beach, 1927 © Kees van Dongen

Jeune femme au chien © Kees van Dongen

 

Malerei, Zeichnung
24. Februar 2016 - 9:49

Rubio im Winter, 2015 © Petra Hartl

Rubio, 2015 © Petra Hartl

Rubio (Detail), 2015 © Petra Hartl

Rubio liegend, 2015 © Petra Hartl

 

Es hat mir sehr viel Freude gemacht, diesen Südländer - schaut er nicht wie ein Podenco-Mix aus - zu malen, der in und um Wien eine zweite Chance und ein erfülltes Leben bekam.

 

Meine Arbeit
20. Februar 2016 - 10:07

Untitled (God Lived as a Devil Dog), 2013 © James Siena
Untitled (God Lived as a Devil Dog), 2013 © James Siena

 

Formal ist diese Arbeit von James Siena ein schönes Stück visueller Poesie. Über die Bedeutung des Satzes "God Lived as a Devil Dog" müssen Sie nicht lange grübeln, denn auch der Inhalt ist formal determiniert. Es handelt sich um ein Satz-Palindrom.

Palindrome müssen nicht immer einen Sinn ergeben, die Zeichenkette muss allerdings von vorne nach hinten und von hinten nach vorne bezüglich der Reihenfolge der verwendeten Zeichen übereinstimmen. (Quelle: Wikipedia)

James Siena (*1957in Oceanside, California/USA) ist ein ungegenständlicher Zeichner, Druckgrafiker, Maler und Bildhauer. Mit den Schreibmaschinen-Zeichnungen begann er 2013 während eines Rom-Aufenthalts. Dort schrieb er aus therapeutischen Gründen auf einer alten Olivetti, um sein verletztes Handgelenk zu trainieren. Daraus ging die Untersuchung des Potenzials des anachronistischen Relikts "Schreibmaschine" zur Kunsterzeugung hervor. (Diese prosaische Darstellung findet sich jedenfalls im Online-Ausstellungskatalog).

Mehr Typewriter Drawings von James Siena bei Hiram Butler.

 

Grafik
16. Februar 2016 - 21:52

Erzähl mir ein Märchen, 2012 © Tanja Fender
Erzähl mir ein Märchen, 2012

 

Diese Arbeit der Künstlerin Tanja Fender berührte mich schon auf den ersten Blick und ich brauchte eine Weile, um mir klar darüber zu werden, warum. Der Gegensatz zwischen dem nahezu skelettiert dargestellten Hund und dem fröhlichem Brettchen auf dem er steht, könnte kaum stärker sein. Ungeachtet dessen, was die Künstlerin mit dieser Arbeit intendiert hatte, ist sie für mich eine Kritik an der für Tiere meist unheilvollen Allianz von Tier und Kind. Unzählige Hamster, Meerschweinchen, Kaninchen etc. fristen ein qualvolles Dasein in Einzelhaft und in Kinderzimmern. Auch Hunde müssen oft als Spielzeug herhalten, werden weggeworfen und ausgesetzt, wenn die Lust an ihnen verlorengeht. "Erzähl mir ein Märchen" nennt Tanja Fender diese Mixed-Media-Skulptur, die ihrerseits vom Tier als Spielzeug, als Ware, als Konsumartikel erzählt.

Die Malerin und Bildhauerin schafft zumeist intuitiv erfassbare Arbeiten von Beziehungen zwischen Tieren oder zwischen Mensch und Tier. Dabei reflektiert sie die Mensch-Tier-Beziehung kritisch und thematisiert in ihren Werken beider Sehnsüchte, Schmerz, Verzweiflung und Einsamkeit. Existenzielle Gefühle des menschlichen Daseins - Liebe, Geborgenheit, Angst, Trauer, Tod oder Gewalt - werden an Hand von Tierskulpturen sichtbar gemacht. Tanja Fender glaubt, dass das, was sie sagen will, durch Tiere vermittelt, vom Betrachter, der Betrachterin leichter aufgenommen wird.

Erst vor kurzem zeigte die Künstlerin im Kunstverein Ebersberg tierisch-menschliche Mischwesen - Bär, Maus, Hund, Häsin oder Hyäne - die in Körperhaltung und Mimik menschliche Emotionen und Bedürfnisse offenbaren. Menschenähnliche Figuren nehmen Eigenschaften von Tieren an und Tiere verkörpern menschliche Züge. Fenders Interesse gilt dabei besonders der Ambivalenz von Verhaltensweisen.

 

Installationsansicht Galerie Burger © Tanja Fender
Hasenmilch, Installationsansicht Galerie Christa Burger, München, 2013
 

"Zu oft vergessen wir, dass der Mensch auch ein Tier ist. Vor allem vergessen wir, dass ein Tier zu sein nicht heißt, primitiv zu sein", gibt Tanja Fender in einem Interview zu bedenken. Das Instinktive und Animalische des Menschen und das Gefühlvolle der Tiere macht sie durch das Zeigen der Tierhybride sichtbar.

Vor ihrem Kunststudium hast Tanja Fender eine Ausbildung zur Glasmalerin gemacht. Ihr "Embryo" besteht aus Glas und unterstreicht damit die Zerbrechlichkeit.

 

Embryo, 2007 © Tanja Fender
Embryo, 2007

 

Neben Glas, aus dem fragile, kleinformatige Skulpturen gefertigt sind, verwendet Tanja Fender für Ihre Bodenplastiken auch Silikon, das spontanes Arbeiten ermöglicht und durch die variablen optischen Eigenschaften seiner Oberfläche besticht.

Mit der zweiköpfigen Skulptur "Pawlowscher Hund" schuf sie das Sinnbild einer ohnmächtigen Kreatur, die uns mit den Gräuel konfrontiert, die der Mensch dem Tier zufügt. Sofort ist man an die Experimente des russischen Chirurgen Wladimir Petrowitsch Demichow in den 1950er Jahren erinnert, in denen er den Kopf oder Oberkörper eines ausgewachsenen Hundes an den Körper eines anderen nähte. Die längste post-operative Lebensdauer eines Zweiköpfers oder einer Chimära - nach den Mischwesen der griechischen Mythologie benannt - waren 32 Tage. Heute sind  Xenotransplantationen, die Übertragung ganzer Organe oder Körperteile zwischen verschiedenen Spezies, auf dem Vormarsch (vgl. vice)

 

Pawlowscher Hund, 2005 © Tanja Fender
Pawlowscher Hund, 2005

Pawlowscher Hund, 2008 © Tanja Fender
Pawlowscher Hund, 2008

Ein interessierter Ausstellungsbesucher, Foto: ars canis
Ein interessierter Ausstellungsbesucher, Foto von ars canis

Ein interessierter Ausstellungsbesucher, Foto: flachware.de
Derselbe interessierte Ausstellungsbesucher? Foto von flachware

Ausstellungsansicht mit Tanja Fender, Foto: Peter Hinz-Rosin
Ausstellungsansicht mit Tanja Fender, Foto: Peter Hinz-Rosin

Ausstellungsansicht mit Tanja Fender, 2013, Foto: Natalie Grenzhäuser
Ausstellungsansicht mit Tanja Fender, 2013, Foto: Natalie Grenzhäuser

Schemel © Tanja Fender

 

Präzise Tierbeobachtung, psychologischem Wissen und zeichnerische Meisterschaft zeigt sich in ihren kleinen Skizzen und Aquarellen.

 

 

Bari weint, 2007 © Tanja Fender
Bari weint, 2007

Verhandlungssache © Tanja Fender
Verhandlungssache

© Tanja Fender

 

Tanja Fender  (*1973 in Winogradar/Kirgisien) schloss in München eine Lehre als Glasmalerin mit dem Gesellenbrief ab und studierte dort von 2002-2009 an der Akademie der Bildenden Künste. Sie lebt in München.

Leider hat die Künstlerin keine eigene Homepage, sodass es nicht einfach war, einen Überblick über ihr Werk zu erlangen. Wollen Sie ihrer Arbeit weiter nachspüren empfehle ich die Homepage der Galerie Christa Burger sowie die Flachware-Homepage. Vor allem Ihre großartigen, sensiblen Zeichnungen sind hier versammelt, die mir noch besser gefallen als die Skulpturen, denen durch den unterschiedlichsten Materialgebrauch manchmal etwas (Kunst)Handwerkliches anhaftet. Ich hoffe, man erfährt bald mehr über diese interessante Künstlerin!

Auf sie aufmerksam wurde ich übrigens durch die Homepage ars Canis – Kunst und Kultur rund um den Hund, die ich Ihnen wärmstens ans Herz legen will. Die Kunsthistorikerin Dr. Karin Dohrmann präsentiert dort Kunst, Design, Kulturerlebnisse, Kultur-, Buch- und Ausstellungstipps rund um den Hund.

 

Skulptur, Zeichnung