Als ich Alan Loehles "Liminal Dog Series" erstmals sah, hatte ich sofort den Eindruck, der Künstler zitiere Francis Bacon, Chaim Soutine, Marcel Duchamp … Was meinen Sie?
Die Serie ist über einen Zeitraum von eineinhalb Jahrzehnten entstanden. Ich zeige Ihnen die Arbeiten chronologisch. Im Laufe der Jahre wurden die Hunde - kraftvolle Rottweiler und Bullterrier - wesentlich expressiver. Nicht nur die Hunde zeigen Stärke und strahlen Wildheit aus, auch die Kompositionen besitzen in ihrer düsteren dunklen Stimmung eine formale und brutale Kraft. Die Kadaver weisen auf Verwundbarkeit alles Tierischen, aber auch Menschlichen. Durch sie ist die Sterblichkeit des Hundes vorweggenommen, aber auch der Bertrachter/die Betrachterin wird mit seiner/ihrer Sterblichkeit konfrontiert. Vor dem Tod stehen Einsamkeit und Isolation.
Die Serie heißt "Liminal Dog": Das Wort "liminal" war mir unbekannt und google half mir nicht wirklich weiter. Liminal wird mit "Schwellen-" bzw. "Grenz-" übersetzt und mit anderen Wörtern kombiniert (liminal space etc). Doch welche Grenze überschreitet der Schwellenhund? Welchen Zwischenzustand stellt er dar? Die Grenze zwischen Tier und Mensch, Tier und Fleisch?
In "Box" (1994) definieren ein dunkler Hintergrund und schattiger Boden einen Raum mit einem gelben Quader und einem vor Energie vibrierenden Hund. Übereinander gelegte malerische Ebenen erzeugen die kinetische Energie auf der fleischigen Haut, die fast transparent wirkt. Auch der Hintergrund vibriert. Das Tier ist in seiner Bewegung gefangen. Eine Pfote liegt auf dem Quader, der ein enormes Hindernis darstellt.
Nur der rosarote Mund und die rot umrahmten Augen des weißen Hundes stechen in "White Dog" (1994) heraus. Seine Ohren sind wie nach einem Stromschlag unnatürlich nach oben geklappt, der Schwanz bewegt sich frenetisch. Alan Loehle dekonstruiert die Bewegung, löst sie in Einzelschritte auf. Der Hund tritt aus der Dunkelheit ins Licht. Zeigt das (Strom-)kabel eine Grenze an?
Im "Dark Room" (1998) befinden sich drei Spielzeuge, ein Hund, ein (oder zwei?) Kadaver. Der Kadaver ist auf einem Eisengestänge aufgehängt, das sich raumbildend nach allen Richtungen erstreckt und besonders dadurch an die Gemälde von Francis Bacon erinnert. Der Hund scheint im Begriff panisch aus dem Bild zu rennen, die Spielzeuge links liegen lassend. Auch die Kreidespuren auf dem Boden erinnern an eine Grenze.
Auch in "Meat" (1996) ist der weiße Hund allein - zwischen tiefer Dunkelheit und Schatten - mit einem aufgehängten Fleischbrocken, den er mit seinem ganzen Wesen und all seiner Sehnsucht begehrt. Das rote Maul scheint einen ekstatischen Schrei auszustoßen. Hat dieser Hund schon eine Grenze überschritten?
Eine Serie, die viel mehr Fragen aufwirft, als ich nur annähernd beantworten kann!
Alan Loehle (*1954 in Chicago/Illinois/USA) erwarb 1975 seinen B.F.A. am College of Georgia und 1979 seinen M.F.A. am College of Arizona. Er lebt und malt seit 1987 in Atlanta, Georgia und erhielt mehrere Stipendien (Guggenheim, Pollock-Krasner, The National Endowment for the Arts, Elizabeth Foundation, Ludwig Vogelstein Foundation). Seine Werke befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen in den USA und in England. Loehle unterrichtet Kunst an der Oglethorpe University in Atlanta. Er wird von der Marcia Wood Gallery in Atlanta vertreten.
alle Bilder © Alan Loehle
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