Ein Hund steht hinter einem Stück Fleisch, als würde er es bewachen. Es ist Dankoff, der Borsoi des Künstlers Karl Weschke, der in den 1960er und 1970er Jahren eine Reihe von Gemälden mit Pferden oder Hunden malte. Der Künstler selbst hat das Bild als "ein Hund in einer bestimmten Landschaft unter bestimmten Umständen" ('a dog in a particular landscape in a given circumstance' ) beschrieben. Der Hund hat eine symbolische Rolle für ihn übernommen und starke Erinnerungen an bestimmte Ereignisse in seiner Kindheit hervorgerufen. Er symbolisiert einen Kampf ums Überleben, wobei die karge Landschaft ein Gefühl der Abwehr und Isolation verstärkt.
Dankoff steht auf der Klippe beim Haus des Künstlers in Cape Cornwall, einem Ort, der in Weschkes Werk immer wieder auftaucht, z.B.in Feeding Dog von 1976-77.
1960 zog der gebürtige Deutsche, der nach der Kriegsgefangenschaft in Großbritannien blieb, in dieses kleine abgelegene Haus. Die umgebende Landschaft war rau und abweisend, öde Moore auf der einen Seite und die Weite des Atlantiks auf der anderen. Der Blick aus seinem Atelier schweifte über den trostlosen Landstrich mit seinen Farnkraut- oder Ginsterkulturen und über den Atlantik. Weschke liebte und respektierte das Meer, sowohl als Taucher als auch als Künstler, und malte es in vielen Stimmungen.
Hier fand Weschke die Nähe zur Natur, die seine Arbeit zweifellos beeinflusst hat. Die selbst auferlegte Isolation von Cape Cornwall hat auch Weschkes Selbstidentifikation als künstlerischen Außenseiter und als Exilanten verstärkt.
Auch oben wird Dankoff gänzlich ohne Sentimentalität gemalt, die Darstellung des Borsoi ist das Ergebnis von Weschkes genauer Beobachtung des Hundes.
Weschkes Landschaften sind trostlose, elementare Orte: bedrohlich oder Angst einflößend, Lebewesen erscheinen marginalisiert und isoliert. Die einsame Präsenz von Figur, Tier oder Baum ist das wiederkehrende Motiv in seinem Werk und suggeriert eine Affinität zum Existenzialismus. Seine Landschaften, das Alltägliche und Mythische artikulieren große einfache Wahrheiten. Individuelles Erleben übersetzt er in Bilder von universeller Bedeutung.
Für einen Großteil seines Lebens dominieren Erdfarben seine Malereien, erst seine Reisen nach Ägypten in den 1990er Jahren befreiten Weschkes Sinn für Farbe. Auch Dankoff fügt sich farblich in die hügelige Umgebung ein, die ihn fast zu erdrücken scheint. Der schlanke Borsoi ist monumental, voluminös und mit expressiven Pinselstrichen gemalt.
Karl Weschke (*1925 in Taubenpreskeln/D, gest. 2005 in Cornwall/GB) hat ein bewegendes und bemerkenswertes Leben geführt.
Er wächst in zerrütteten Familienverhältnissen auf, lebt als Straßenkind, wird in die Hitlerjugend aufgenommen und tritt in die Luftwaffe ein. 1945-48 verbringt er in britischer Kriegsgefangenschaft. Er beginnt zu malen und Skulpturen herzustellen. 1949 war er ein Semester lang Kunststudent in St. Martin und beschloss dann, seinen eigenen autodidaktischen Weg zu gehen. Danach lebt er kurz in Spanien und Schweden, bevor er sich 1955 in der Grafschaft Cornwall niederlässt, zuerst in Zennor, ab 1960 in Cape Cornwall. Ab 1958 stellt er in Einzel- und Gruppenausstellungen aus. 1998 erscheint die erste Monographie über sein Werk. Ein Jahr vor seinem Tod findet in seiner Wahlheimat in der Tate St. Ives eine Retrospektive statt und eine breitere Öffentlichkeit wird auf sein Werk aufmerksam. In Deutschland ist er bis heute kaum bekannt.
Im Anschluss noch Links zu ausführlichen und lesenswerten Beschreibungen von Weschkes Leben und Werk:
Independent, The Telegraph, Ben Tufnell, Der Spiegel, johnathan clark fine art
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