28. September 2016 - 8:02

Kurz nachdem ich den Blogbeitrag über Peter Jones abgeschlossen hatte, entdeckte ich einen anderen Künstler, Gideon Rubin, der - neben Porträts - ebenfalls altes Spielzeug gemalt hatte. Vorerst arbeitete er nach Naturbeobachtung, also nach Objekten und Modellen. Allerdings wandte er sich nach 9/11 von diesem Realismus und seinen langwierigen Malprozessen ab und fand zu einen unverwechselbaren, reduzierteren Stil.

Gideon Rubin hatte 2001 den Anschlag auf die Twin-Towers selbst miterlebt und versuchte danach mit seiner Malerei direkter zu kommunizieren, seine Motive immer mehr zu vereinfachen und eine minimalistische Bildsprache zu entwickeln.

 

Behind the doll, 2004 © Gideon Rubin

 

Er malte Spielzeug, das die Spuren der Zeit und der Zerstörung trug, Puppen und Spielzeugsoldaten mit abgenutzten, zerschlissenen Gesichtern. In der Folge verzichtet er auch bei seinen menschlichen Figuren auf die Darstellung einzelner Gesichtspartien bis nur mehr anonyme gesichtslose Porträts übrig blieben.

Oftmals wirkt diese Abwesenheit der Gesichter beunruhigend, verstörend und bewegend. Die Leerstellen der Gesichter werden vom Betrachter mit eigenen Vorstellungen und Erinnerungen gefüllt. Gideon Rubin sucht Fotos mit Szenen, die für Interpretationen offen sind, je banaler desto besser. In allen Bildern - Motiven aus einem kollektiven Gedächtnis - findet sich die Andeutung einer Erzählung, die bei uns eher eine Erinnerung hervorrufen als detaillierte Assoziationen wecken soll.

 

Boy with dog, 2011 © Gideon Rubin

 

Rubin ist ein tonaler Maler, er interessiert sich mehr für die Farbtöne, als für bunte Farben. Intuitiv verwendet Rubin Sand- und Erdtöne, Ocker, Umber, Graublau, gedecktes Weiß. Dabei trägt er die Farbe spontan und mit gestisch dickem Pinselstrich auf. Als Malgrund bevorzugt er Rohleinen, das er teilweise unbemalt stehen lässt und in die Komposition mit einbezieht.

Ausgangsmaterial für seine Bilder sind alte Schwarz-Weiß-Fotos oder Fotos in vergilbten Farben sowie Illustrationen aus Büchern und Zeitschriften. Dabei inspirieren ihn anonyme Porträts gleichermaßen wie Celebrities, historische Persönlichkeiten oder Porträts alter Meister. Die fehlende Farbigkeit der Vorlagen spiegelt sich in seinen Bildern mit eingeschränkter Palette und gedämpfter Farbigkeit wieder.

 

Boy with black dog, 2011 © Gideon Rubin

© Gideon Rubin

© Gideon Rubin

 

Für seine Kinderporträts verwendet er oft Fotos des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts oder der 1950er bis 1970er Jahre. Die Umgebung und Landschaft ist oft nur angedeutet, eher zu erahnen als malerisch ausgearbeitet, sodass eine Zeitlosigkeit entsteht.

 

Black dog, 2010 © Gideon Rubin

Boy on dog © Gideon Rubin

 

Da viele Bilder nach alten Familienfotos entstehen, sehen sie sehr privat und intim aus. Das Fehlen der Gesichter entindividualisiert die Kinder, weshalb für uns viel mehr ein Gefühl der Vertrautheit mit der Situation - ein Déjà-vu - aufkommen kann, als ein Gefühl des Voyeurismus. Gleichzeitig lenken die leeren Gesichter unser Aufmerksamkeit auf andere Merkmale wie etwa die Körperhaltung der Porträtierten. In unserem Fall auf deren zärtliche Zuwendung zum Hund. Ganz bemerkenswert finde ich, dass Gideon Rubin den Hund nur gemeinsam mit Kindern darstellt. 

 

Girl with dog, 2012 © Gideon Rubin

© Gideon Rubin

Gideon Rubin in seinem Atelier, London, 2011 Foto Ben Murphy

 

Gideon Rubin (*1973 in Tel Aviv/Israel) hat in New York und London studiert. Seine Arbeiten werden regelmäßig in internationalen Ausstellungen gezeigt und sind weltweit in zahlreichen Privatsammlungen zu finden. Er lebt und arbeitet in London.

Weitere Bilder, biografische Daten und viele Presseartikel zu Gideon Rubin finden Sie z.B. auf der Seite der Alon Segev Gallery.

alle Bilder © Gideon Rubin

 

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