Ursprünglich wollte ich diese Arbeit der in Bath in Südengland ansässigen Künstlerin Sally Muir an das Ende des Blogbeitrags stellen, ist sie doch quasi die Essenz und Reduktion ihres Werks. Doch auch am Anfang macht sie sich gut, deutet sie fast alles an, was Sally Muirs Arbeit ausmacht. Die Diagonale - Umrisslinie des Halses und Brustkorbs - bestimmt die Komposition, gleichzeitig trennt sie ein innen und außen. In diesem Fall sind beide gleich (un)gestaltet. Auch die Farbe "fehlt".
Doch bereits unten sehen Sie, dass Sally Muir die flächige Andeutung des Hintergrunds genauso wichtig nimmt wie den Hund selbst. Dieser steht, liegt, sitzt nicht vor einem Hintergrund, sondern befindet sich gleichsam auf der gleichen malerischn Ebene, wodurch eben keine Tiefe, sondern Flächigkeit und Vereinfachung ausgedrückt wird.
Sally Muirs Bilder haben etwas Fragmentarisches, Unvollständiges - aber nichts Unvollkommenes, Unfertiges. Die Leere, die freie Fläche, ob vom Weiß oder Braun des Papiers bestimmt, kontrastiert mit ausgeführten Flächen, mit gestalteten Teilen.
Neben der starken Stilisierung ist Sally Muirs Formensprache von einer eigenwilligen Ausnützung des Formats geprägt. Entweder ducken sich die Hunde in das Blatt hinein, scheinen unbequem, verrenkt zu stehen, oder sie verlieren sich in der Größe des Papiers.
Die Windhunde mit ihrer schmalen Form sind naturgemäß elegante Hunde, sie eigenen sich zur linearen Darstellung. Doch auch die viel schwieriger zu malenden Hunde mit üppigem Fell gelingen Sally Muir (der Blick des Pudels!), erreichen aber nicht die geometrische, durch Konturen angedeutete Strenge, Entschiedenheit und Präsenz. Denn wo ist die Kontur bei einem Fellbündel? Um sie erst gar nicht finden zu müssen, schüttelt und kratzt sich der letzte Hund auch ganz kräftig: Bewegung statt Ruhe, Gestik statt klarer Linie!
Im Februar hat Sally Muir ihr ein Jahr währendes Projekt A Dog A Day begonnen. Mehr oder weniger täglich fertigt sie eine Hundezeichnung an und stellt sie auf ihre Facebook-Seite. Sally Muir meint, dass sie bei diesen Zeichnungen sehr experimentell, ja minimal arbeiten kann, da sie keine Auftragsarbeiten sind. Sie versucht auch Wiederholungen zu vermeiden.
Making sure that I have a Dog a Day to post has made me work on my dog paintings, and made me more experimential, as I don't want to bore people with repetition. The fact that they aren't commissions, gives me more freedom to do what I wantt, they can be as minimal as I like. (zit.n. Daily Dog Tag)
Noch bis zum 9. September 2013 stellt Sally Muir in The Gallery at King's Road in London aus, wo sie am 31. August 2013 Hunde der Ausstellungsbesucher (Dog Sketching) zeichnet. Der Spendenerlös geht an das Katzen- und Hundeheim in Bath. Wie schade, dass ich nicht dort sein kann!
Ausstellung "Dogs" von Sally Muir, Fotos © Anthropologie Europe
Bei der Google-Suche nach Sally Muir findet man unzählige Einträge zum Hundestrickbuch "Best in Show" (Anleitung zum Selberstricken von Hunden), das sie gemeinsam mit Joanna Osborne geschrieben hat. Nur sehr wenige finden sich zu ihren Zeichnungen. Die gestrickten Hunde sind entzückend - zweifellos. Doch viel wichtiger und bewundernswerter ist Sally Muirs zeichnerisches Werk: Mit wenigen Strichen erweckt sie einen Hund zum Leben, entwickelt sie - ob mit Öl, Kreide, Kohle oder Tusche - eine individuelle, doch wiedererkennbare Formensprache und geht noch dazu ganz sensibel und stimmig mit der Farbe um.
alle Bilder © Sally Muir
Ja... Diese reduzierten
Ja... Diese reduzierten Zeichnungen sind sehr aussagekräftig. Tolle Arbeiten - alle!!!