19. September 2012 - 17:20

In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurde Christopher Wool mit großformatigen schablonenartigen Wort-Bildern bekannt. Im November 2011 wurde sein Bild "Want to be your dog" bei Christie's um 1,53 Millionen Dollar versteigert. Moira von Dog Art Today verfasste darüber einen sehr treffenden Kommentar.

 

Christopher Wool
Diese Bildkombination stammt vom Magazin Four
 

Neuerlich untergekommen ist mir Christopher Wool in Four, einem sympathischen und sehr stylisch-trendigem Online-Magazin für Hunde und deren Halter (Kategorien Fashion, Art & Culture, Living, Pople...). Four berichtete über Wools Ausstellungen: Alleine 2012 fanden drei große in Los Angeles, New York und Paris statt.

Betrachte ich die biographischen Angaben auf Wools Homepage, so bestehen sie - von Geburtsjahr 1955 und Wohnort New York abgesehen - nur aus Angaben zu -zig Ausstellungsbeteiligungen und Einzelausstellungen, und ich erfahre, dass Wool 2001 in der Wiener Secession ungegenständliche Malerei ausgestellt hatte - ein Ereignis, das an mir vorüberging. Zeit also, mich mit dem für Hundundkunst-LiebhaberInnen relevanten Teil seines Werks auseinanderzusetzen.

 

Christopher Wool, 2001

 

Einen schnellen Einblick in sein abstrakten Werk vermittelt das Bild oben. Es zeigt auch die Bandbreite des postmodernen Künstlers.

 

Christopher Wool, Untitled, 1990, Enamel on aluminum

 

Christopher Wools Buchstaben-Bilder sind (auch) als reine Figuration "lesbar", losgelöst von ihrer Bedeutung, die Buchstaben wirken als bloße Form (und Abwesenheit von Farbe). Die Typen sind oft größer - und fetter - als der Betrachter. Verstärkt wird die formale und bedeutungs-lose Wirkung durch die abstandlose Aneinanderfügung der Begriffe. Nicht Sinn bestimmt das Wortende, sondern der Rand der Leinwand.

"Die Textarbeiten, die ab 1987 entstanden, veranschaulichen die Beschränkungen von Sprache und ihrer symbolischen Bedeutung. Genannt seien "RIOT", "PRANKSTER" oder "SELL THE HOUSE SELL THE CAR SELL THE KIDS". Die Wörter dieser Text-Gemälde, deren Lesbarkeit nicht zuletzt durch die Begrenzung des Bildes und die Platzierung der Buchstaben kaschiert wird, erfahren durch Wool eine Umdeutung. Das Wort als plastisches Material in der Malerei steht immer gegen das Wort als Syntax. Ein Thema dabei ist das Unaussprechliche, also das konstante Versagen der Sprache." (Text von Secession)

 

Christopher Wool, Metropolis, 1991, Martin-Gropius-Bau, Berlin

Christopher Wool, Untitled, 1990

 

"Allen Bildern ist bei genauer Betrachtung der Bruch der Perfektion eigen, um unter anderem eine Verletzbarkeit sichtbar zu machen." (ebenfalls Secession) - Die Buchstaben sind nicht exakt (aus)gemalt, hier geht es nicht um die Perfektion, sondern um den Prozess.

 

Christopher Wool, Untitled

 

1993 lebte Christopher Wool ein Jahr in Berlin - er war unterwegs, bei Tag und Nacht - und er fotografierte, hielt Eindrücke, Situationen, Stimmungen fest. Hunderte Schnappschüsse entstanden, wie schnell hingeworfene visuelle Notizen, oft unscharf und verwackelt. Sie waren der Ausgangspunkt des Buchs „Absent without leave“, das er 1993 veröffentlichte.

 

Christopher Wool, Absemt Without Leave, Cover

 

Natürlich sind auch Hundeaufnahmen dabei, Sie sehen sie unten.

 

Christopher Wool, Absent Without Leave, 1993

Christopher Wool, Absent Without Leave, 1993

Christopher Wool

 

Auch in seiner Wahlheimat New York ist er ein Sammler von unbedeutenden Motiven, ständig auf der Suche nach Nebensächlichem: kaputte Bürodrehstühle, Gebäudefassaden, Schaufenster, Straßenmüll. Wool fotografiert auf dem Weg von seinem Apartment in der Nähe des Union Square zu seinem Atelier im äußersten Osten Manhattans. In der Nacht dient nur das Blitzlicht zur Orientierung, viele Bilder von „East Broadway Breakdown“ sind ohne Blick durch den Sucher entstanden. Momentaufnahmen von Hunden werfen Fragen auf.

 

Christopher Wool, East Broadway Breakdown   2002

 

Je öfter und intensiver ich diese Fotos betrachtete, desto klarer wurde mir, dass die Fotos Dinge spiegelten, die mich zunehmend auch in der Malerei interessierten: Der Zugang zur Komposition. Das Interesse für Details, die andere normalerweise gar nicht beachten. Das visuelle Drama. Und, natürlich auch, all die Unterschiede zwischen Fotografie und Malerei: Fotografien schaffen eine Anbindung ans wirkliche Leben", stellt er in einem Interview fest.

Christopher Wool, 1955 in Boston (USA) geboren, schuf neben den Wort-Bildern ebenso erfolgreich Pattern-Bilder, bei denen er Stempel oder Farbwalzen verwendete, mit denen sonst dekorative Muster auf Wände aufgetragen werden. Seit den 1990er Jahren wurden seine Arbeiten immer malerischer, heute sprüht er oftmals abstrakte schwarze Linien mit einer Farbpistole auf und wischt die Farbe mit Lösungsmittel wieder aus. Allen Werken gemeinsam ist eine reduzierte Form- und Farbpalette.

Wools Arbeiten zeigen sowohl den Prozess des Malens als auch die Reflexion über das Malen, sie zitieren die Kunstgeschichte des abstrakten Expressionismus und der informellen Malerei ebenso wie die der Pop Art.

alle Bilder © Christopher Wool

 

Fotografie, Malerei

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