Wieso sitzt der Hund auf einem Menschen, vielleicht auf seinem Menschen?
Was auf den ersten Blick rätselhaft und absurd erscheint, ist vielleicht die ironische Inszenierung der Thematik "Junger Macho mit Immigrationshintergrund und sein Kampfhund". Beide machen einen freundlichen entspannten Eindruck, der Hund scheint jedenfalls Gefallen an der gestellten Szene zu finden. Wenn man ein bisschen über den Künstler gelesen hat, liegt diese Vermutung nahe, denn der junge algerisch-französische und in Paris lebende Künstler Mohamed Bourouissa demontiert in seinen gemäldeartig konzipierten Fotografien gängige Klischees.
In seiner Fotoserie "Périphériques", die zwischen 2004 und 2008 entstand, liegt sein Augenmerk besonders auf den französischen Vorstädten, den Bewohnern - oft Zuwanderer - und deren Alltag. Dabei sind die Fotografien keine dokumentarischen Aufnahmen oder Teile einer Fotoreportage, sondern in aufwändiger Inszenierung der Realität nachgestellt. Bourouissa nimmt sich viel Zeit für die Auswahl der Standorte und der Protagonisten. Er entwirft Szenen voller Trostlosigkeit, latenter Aggression, Langeweile. Die soziale Problematik der Vorstädte liegt den Fotografien zwar inhaltlich zugrunde, Bourouissas Ansatz ist aber ein künstlerischer, die Bandlieus werden zum konzeptuellen Kunstobjekt. (vgl.dazu "Künstler hautnah")
"La butte", der Hügel, heißt das oberste Bild mit Hund, und es nimmt für mich innerhalb der 25 Fotografien starken Serie insofern eine Sonderstellung ein, als die Situation sehr absurd, surreal und auch auf den ersten Blick inszeniert erscheint. Auch der Bildtitel gibt wohl absichtlich keine Erklärung. Die zweite Aufnahme heißt: "La morsure" - der Biss.
Wenn sie mehr über seine Arbeitsweise und Kunstform, die er als "emotionale Geometrie" bezeichnet, wissen wollen, empfehle ich ein Interview von seen.by
Bis zum 30. Dezember sind Arbeiten von Mohamed Bourouissa bei der Gruppenausstellung "Momentaufnahmen einer Generation" in der Wentrup Gallery Berlin zu sehen.
Kommentare