Beim Anblick von Porzellanfiguren erwartet man vorerst nicht, dass sie verstören oder erschüttern könnten. Dennoch werden diese Gefühle bei näherer Betrachtung der in einem zeit- und arbeitsintensiven handwerklichen Prozess hergestellten Arbeiten der Amerikanerin Kate MacDowell ausgelöst.
Das romantische Ideal der Vereinigung mit der Natur kollidiert mit dem menschlichen umweltschädlichen Verhalten, schreibt Kate MacDowell sinngemäß in Ihrem Statement (Ich möchte eher sagen unser vorromantisches Ideal - in C.D. Friedrichs Werk ist z.B. schon die Entfremdung des Menschen von der Natur angelegt - aber das nur am Rande).
Kate MacDowells Werk gibt künstlerische Kommentare zu Themen wie Klimawandel, Umweltverschmutzung und Genmanipulation. Es spielt auch mit Mythologie (Romulus and Remus), Kunstgeschichte und Redewendungen (In the hand).
Casualty, 2009: Das Kaninchen als Opfer der Tierversuche?
First and last breath, 2010: Mit menschlichen Hilfsmitteln der Umweltzerstörung entkommen?
David and Goliath, 2010: Das Lobby-lose Tier als David der Gesellschaft?
Sprachlos und ungehört trotz Ohr am Rücken? Die Bilder der gequälten Maus mit dem Ohr auf dem Rücken sind wohl Teil des kollektiven Bildgedächtnisses.
This piece is based on images of the Vacanti mouse which became an online visual meme and sparked heated discussion about genetic engineering, animal testing and various related ideas, often based on a misunderstanding of the image that was further distorted by the online game of telephone (for example, human genetic material was not used in the experiment, the "ear" was a synthetic construct), äußert sich Kate MacDowell auf der Homepage der Galerie Patrajdas zu ihrem Werk.
Tatsächlich handelte es sich nicht um ein menschliches Ohr, das der Maus transplantiert wurde, sondern um Knorpelzellen, die im Labor in Ohrform gezüchtet und dann auf die Maus gepflanzt worden waren. Aber macht das einen Unterschied für die Maus?
Romulus and Remus, 2012: Die entkräftete Natur, vom Menschen ausgesaugt
Nicht nur ds Fell wird den Tieren gestohlen. Längst begreifen wir Tiere als Rohstofflager: Fleisch, Wolle, Pelz, Daunen uswusw.
Only you can prevent, 2010: Das Tier als Trophäe?
Jedes Stück zeigt die menschliche Schuld auf. Doch wir haben es in der Hand - wie der Werktitel vorgibt - auch in unserem eigenen Interesse, unser Verhältnis zur Natur zu überdenken und zu ändern.
Kate MacDowell hat sich für Porzellan als Werkstoff entschieden, da es einerseits ein vergängliches, fragiles Material ist, das der Sensibilität unseres Ökosystems entspricht, und andererseits beständigen Wert und Status präsentiert.
Der Hund oder Wolf ist nur eines unter vielen Tieren, die Kate MacDowell in ihrer Kunst verwendet. Trotzdem wollte ich Ihnen die Künstlerin, die seit einigen Jahren in Kunstblogs präsent ist, vorstellen. Gelingt es doch sehr selten kritische Inhalte in traditionellen Techniken zu transportieren, ohne platt, einfältig oder mit erhobenem Zeigefinger zu wirken. Kate MacDowells Arbeiten sind nicht gut gemeint, sondern tatsächlich gut, ich finde hervorragend!
Noch viel detailreichere Arbeiten, auch aus dem floralen Bereich, finden Sie auf ihrer Homepage. Unbedingt anschauen.
alle Fotos © Kate MacDowell