Ich bin schon vor einigen Jahren im Internet auf die Glasarbeiten der polnischen Künstlerin Marta Klonowska gestoßen, habe sie aber leichtfertig anderen BildhauerInnen zugeordnet, die Hundeskulpturen aus allen möglichen Materialien (Fahrradketten, Schrauben etc.) anfertigen. Vielen Dank deshalb an die Blogleserin Andrea Antoni, die mich nochmals auf diese Künstlerin aufmerksam gemacht hat, sodass ich einen neuerlichen Blick auf ihr Werk wagte. Von Frau Antoni kommt auch die Idee zum Titel dieses Blogbeitrags: Kein Streichelzoo.
Marta Klonowska bildet aus Tausenden von farbigen Glasscherben verschiedene Tierarten lebensgroß nach. Ihr Hauptthema: Hunde. Sie sind meist denen auf alten barocken oder romantischen Gemälden und Stichen nachempfunden (Peter Paul Rubens oder Francisco de Goya). Dort treten sie allerdings mit ihren HalterInnen auf und spielen eine eher untergeordnete Rolle. Marta Klonowska holt die Tiere aus den Hintergründen der Gemälde heraus und stellt sie in den Vordergrund.
Die Abbildungen stammen alle von der Homepage der Galerie lorch + seidel, wo die Künstlerin in Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert wird. Dort finden Sie auch ein ausführliches Portfolio der Künstlerin zur Ausstellung "Lion Dog Meets Garden Dog" (2015) sowie Videos.
Die folgenden Textstellen beschreiben Marta Klonowskas künstlerisches Konzept:
“My passion is sculpture. I create installations, which should lead the audience into a new universe. My animal figures are part of historical paintings, where they play a secondary role to the sitters. In my art the animals perform as the principal actor. Animals are difficult to understand and it is difficult to communicate with them. My glass animals open therefore a new reality, which is different from ours. The sitters in the painting, the animals and the audience of my art perform in a kind of theatrical stage, where the different levels become indistinct. This clash of realities should make us think about the uncertainties of life.” (Marta Klonowska, Zitat von hier)
" ... Die oft versteckten, untergeordneten Tierfiguren auf den Bildnissen, die ich als Motive auswähle, helfen mir, eine eigene Kunstwelt zu erschaffen. Dass es Tiere sind, ist wie eine Charade; dahinter versteckt sich ein besonderer Charme, ein Geheimnis, eine ungewöhnliche Dynamik oder statische Ästhetik. Die Tiere sind für uns Menschen nicht so fassbar wie die eigene Spezies. Auch wenn diese Tierobjekte so spielerisch wirken, sind sie für mich abstrakte Metaphern, um ein bestimmtes Gefühl, eine besondere Stimmung zu vermitteln, und dabei sind sie nicht so durchschaubar, wie es menschliche Objekte wären. ... " (Marta Klonowska zit. n. Portfolio auf lorch + seidel)
Von 1778-1787 erschien in Paris unter dem Titel "Galerie des Modes et des Costumes Français" eine Reihe von Drucken, die anhand von detaillierten Abbildungen und Beschreibungen die aktuelle Mode vorstellten, so wie sie in der Hauptstadt und am Hof von Versailles getragen wurde. Das von Marta Klonowska ausgewählte Motiv "Demoiselle en Polonoise" zeigt eine junge Dame mit Hund in einer ländlichen Szenerie. Die Robe à la Polonaise wurde, den Ideen der Aufklärung folgend, als eine besonders natürliche Art sich zu kleiden betrachtet. (…) Eine ideale Garderobe für Spaziergänge und Ausflüge aufs Land.
So wie Landschaft und Kleidung die Idee einer Natürlichkeit suggerieren, so täuscht auch der kleine Löwenhund eine ursprüngliche Wildheit nur vor. Der Hund ist hier ein zur Mode passendes Accessoire das den Auftritt der jungen Dame wirkungsvoll unterstützt. Tatsächlich aber wurden diese Hunde (dt. Löwchen, engl. Little Lion Dog, fr. Petit Chien Lion) über Jahrhunderte gezüchtet. Ihr Fell bedurfte regelmäßiger und aufwändiger Pflege, um sie so aussehen zu lassen wie kleine männliche Löwen. Hunde dieser Art lassen sich in der Kunstgeschichte bis ins Mittelalter zurückverfolgen. (…)
Kleine Löwenhunde waren die bevorzugten Gesellschaftshunde des europäischen Adels und es heißt, sie hätten eine starke Persönlichkeit und den Willen im Mittelpunkt zu stehen. Marta Klonowska betont diesen Aspekt in ihrer Interpretation des Löwenhundes sowohl durch die Wahl der Farbe als auch durch Ausdruck und Haltung, die beide den Fokus ganz auf das Vorführen der prächtigen Toilettage legen. Gleichzeitig findet sich in der Haltung, besonders des Kopfes, etwas vom kecken Ausdruck und Auftritt der jungen Dame wieder. (Text zit. nach Portfolio auf lorch + seidel)
Unten sehen Sie die Künstlerin bei der Arbeit. Ein Metallskelett wird vorsichtig mit Glasscherben bedeckt. Die fertigen Skulpturen werden vor den historischen Gemälden platziert.
Foto von Habatat Galleries
Marta Klonowska wurde 1964 in Warschau geboren. Sie studierte in Breslau/Polen und Düsseldorf/D und war Meisterschülerin von A.R.Penck. Sie lebt und arbeitet in Düsseldorf und Warschau.
Abbildungen © lorch + seidel