Fuchs, Claudia

11. November 2020 - 9:54

Hund, 2019 © Claudia Fuchs, Foto Lichterloh Fotografie

 

Ein kleines auf seinem Hinterteil hockendes Tier streckt den Hals, um irgendetwas genau zu betrachten. Die Augen sind zu schmalen Schlitzen fast geschlossen, um klarer und fokussierter sehen zu können. Oder streckt es die Schnauze lang nach vorne, um etwas zu erschnüffeln? Die Farbgebung erinnert an ein Reptil, das sich in seiner Umgebung tarnt. Doch wir haben es mit einem Hund in unkonventioneller Farbgebung zu tun. Und dieser kleine ausdrucksstarke Hund aus rosa, hellblau, grün und braun glasiertem Ton, scheint zu lächeln. Er hat wahrlich keinen Grund sich zu tarnen oder zu verstecken.

Die Künstlerin, Claudia Fuchs, fertigt ausschließlich Tontiere an. Dabei kann es sich um autonome Kunstwerke handeln (darunter Eidechsen oder eine Schnecke, die frech die Zunge herausstreckt) oder um Gebrauchsgegenstände, die sie mit Tierplastiken kombiniert. Seit 2019 arbeitet sie regelmäßig künstlerisch im Atelier der Kreativen Werkstatt Lobetal.

Heuer hat sie mit dieser kleinen plastischen Arbeit "Hund" beim Bundeskunstpreis für Menschen mit Behinderung den ersten Platz belegt. Zum 22. Mal wurde dieser Preis, der wichtigste Preis seiner Art in Deutschland, in Radolfzell am Bodensee verliehen. Die Stadt Radolfzell bietet mit diesem Preis ein wichtiges Forum, das den Kunstschaffenden und deren künstlerischen Arbeiten eine größere Präsenz verschafft. Er richtet sich an Künstlerinnen und Künstler aus ganz Deutschland mit einem Schwerbehindertengrad geistiger, körperlicher oder psychischer Art von mindestens 80 Prozent und bietet einen einzigartigen Rahmen für deren Wertschätzung.

Für die Kunstschaffenden ist die Ausstellung ein Ziel, auf das viele hinarbeiten. Der künstlerische Prozess ist auch eine Form der Bewältigung ihrer besonderen Lebenssituation oder eine Möglichkeit bildhaft auszudrücken, was ihr Innerstes bewegt und was sie mit Worten nicht ausdrücken können. Wenn auch der Alltag mancher Künstler und Künstlerinnen eingeschränkt ist, so gilt dies nicht für ihren künstlerischen Blick auf die Welt.

Ausgewählt werden die Preisträger nach künstlerischen Kriterien: Das Hauptaugenmerk liegt auf persönlichem Ausdruck, künstlerischer Eigenständigkeit und Werkaussage. Bundesweit haben 300 Künstler ihre Arbeiten für den alle zwei Jahre vergebenen Kunstpreis eingereicht. Die dreiköpfige Jury rund um den Leiter der Heidelberger Sammlung Prinzhorn, Thomas Röske, hat aus diesen Einreichungen 100 Exemplare für die Ausstellung ausgewählt und aus diesen nochmals 15 Preisträger gekürt. Die 100 ausgewählte Arbeiten sind bis zum 8. November in der Villa Bosch in Radolfzell zu sehen.

 

Hund, 2019 © Claudia Fuchs, Foto Hoffnungstaler Stiftung Lobetal

 

Für mich bildet der kleine lächelnde Hund den Gegenpol zu Liu Ruowangs monumentaler Wolfs-Installation. Müsste ich eines der beiden Kunstwerke wählen: Ich würde mich jederzeit für "Hund" entscheiden.

Hund © Claudia Fuchs

 

Skulptur