2021 zeigte suns.works "Polka", eine Einzelausstellung von Kelly Tissot mit einer skulpturalen Installation sowie auf Fotografie basierende Arbeiten, die sich um eine gleichnamige tierische Protagonistin drehten. Tissots Arbeiten, die sich hauptsächlich mit Skulptur und Fotografie befassen, haben ihren Ursprung in verschiedenen Themen und Motiven rund um den ländlichen Raum und landwirtschaftliche Arbeit; sie entführen den Betrachter nicht in eine historische, pittoreske ländliche Utopie, sondern in eine abstrahierte und fragmentierte Peripherie zwischen Natur und Kultur, Zugehörigkeit und Isolation.
Die Künstlerin ist in einer abgelegenen Gegend der Haut-Savoie in Frankreich aufgewachsen und spürt in ihrem Werk ihrer ländlichen Heimat nach. Mit großformatigen analogen Schwarz-Weiß-Fotografien und Stahlobjekten baut sie Raumsituationen auf, die im Widerspruch zum romantisierten Bild, zur pastoralen westlichen Ikonografie des Landlebens stehen.
Kelly Tissot Polka (I-VI), 2021 Digital UV-Druck auf Aluminium, Tannenholz,
150×110 cm (jeweils) Installationsansichten: suns.works, Zürich (CH) Fotos: Claude Barault
Seit 2016 blickt Kelly Tissot auf Widersprüchlichkeiten zwischen Kulturellem und Natürlichem, Häuslichkeit und Wildnis sowie Abgeschiedenheit und Gemeinschaft. Heuer wurde sie als siebte Preisträgerin mit dem Paul Ege Kunstpreis ausgezeichnet.
Ausstellungsansicht, Kelly Tissot, PEAC Museum, 2024, Foto Roland Krieg Fotodesign
Die international besetzte Jury lobte ihren virtuosen Umgang mit unterschiedlichen analogen fotografischen Techniken, die Spuren der Landflucht und der Deindustrialisierung in ihrer französischen Heimat im Département Haute-Savoie zeigen: Ansichten von aufgegeben Werkstätten und Ställen, traurig dreinblickende Mischlingshunde, ausgediente Landmaschinen und anderen Überbleibsel einst besserer Zeiten. Sie zeigt, was der Mensch tagtäglich benutzt, zähmt und zu kontrollieren versucht. Menschen sind in ihren Fotografien und Raumkörpern allein durch die Maßstäblichkeit sowie durch Spuren der Zivilisation präsent.
The act of living, 2023 , Kunsthalle Basel, Foto Finn Curry
Ihr Werk ist weder romantisch, noch wird es in erster Linie von Umweltbelangen angetrieben, sondern es offenbart die sozialen Strukturen des Hof- und Landlebens.
The act of living, 2023 , Kunsthalle Basel, Foto Finn Curry
Ausstellungsansicht von Relics from an imaginary friend, Tara Downs, New York, 2024
Die Künstlerin befragt unsere eigene Beziehung zum Ländlichen, nicht selten ist die Antwort beunruhigend.
Kelly Tissot (*1995 Annecy/FR) absolvierte ihren Bachelor 2018 an der Ecole Cantonale d’Art in Lausanne und 2020 ihren Master in Fine Arts an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel, wo sie derzeit lebt und arbeitet.
Quellen: Tara Downs, suns.works, Kunsthaus Baselland, PEAC
alle Bilder © Kelly Tissot